Ein gutes Foto schießen - aber wie?

An der Frage spalten sich die Meinungen. Was macht ein gutes Foto aus?
Sehen wir uns zuerst an, aus welchen Teilen ein Foto überhaupt besteht:

Das Motiv - zweifellos das wichtigste Element eines Fotos
Die Bildkomposition (Anordnung des oder der Motive und der Umgebung)
Licht und Schatten

Ich bezeichne diese 3 Punkte als die Kernelemente eines Fotos,
diese verdienen daher einer näheren Betrachtung.

Das Motiv

Was ist ein Motiv?

Vieles eignet sich als Motiv: Ein eindrucksvolles Gebäude, eine ganze Häuserfront,
Personen, der Freund/die Freundin, ein Tier, der Wolkenhimmel, Strand undundund...
Soweit war's ja noch recht einfach oder? Manchmal übersieht man "lohnende"
Motive aber auch: Nicht das ganze Gebäude, sondern der Balkonfries, statt der
Häuserfront die bunten Dächer, die Augen der Personen, das Haar des Freundes
/ der Freundin, die Fellzeichnung des Tieres, eine einzelne Wolke, ein Strandkorb
undundund - Klingelt's? Ein Detail kann aus einem ansonsten unspektakulären
Motiv ein ganz neues Motiv erschaffen!

Die Bildkomposition

Wie setzt man das Motiv in Szene?

Das tolle Fachwerkhaus sieht auf dem Bild langweilig aus? Treten Sie beiseite
und sehen Sie sich das Haus aus einer anderen Perspektive an. Knieen Sie sich
hin, steigen Sie auf eine Parkbank, fotografieren Sie nah von der Gebäudefront
steil nach oben, wechseln Sie das Bildformat von Quer nach Hoch und es werden
sich neue Sichtweisen ergeben. Rücken Sie das Motiv etwas aus der Bildmitte,
lassen Sie die Umgebung mit in die Bildkomposition einfliessen. Mit der Zeit lernt
man, Motive zu erkunden, ihnen buchstäblich neue Seiten abzugewinnen. Ein
Stellungswechsel kann einen ganz anderen Eindruck des Motivs vermitteln...

Licht und Schatten

Wie setzt man Licht, Schatten und Farben ein?

Eine ganz entscheidende Rolle bei der Bildgestaltung spielt das Licht: Natürlich
will jeder seine Aufnahmen bei Sonnenlicht machen, oder? Aber was ist mit
Aufnahmen in Innenräumen? In einer Grotte? Oder bei bewölktem Himmel?
Manche Lichtsituationen im Freien lassen sich simpel ändern: Sieht ein Foto
flau aus, fehlt es ihm an Brillianz, probieren Sie es zu einer anderen Tageszeit!
Der beste Kontrast, die intensivsten Farben hat man nicht um die Mittagszeit,
um Sonnenauf- oder Untergang. Wenn möglich, achten Sie immer darauf, die
Sonne im Rücken zu haben. Ist dies nicht möglich, setzen Sie eine Gegenlicht-
blende auf das Objektiv (sofern vorhanden) oder schatten Sie das Objektiv mit
der Hand ab. Versuchen Sie, den Lichteinfall in das Objektiv durch Änderung
des Standorts zu verhindern.

Das war der gestalterische Teil (in Kurzform!), der für jede Fotografie mit jeder
Kamera gilt, die technische Seite hängt dagegen stark von Ihrem Equipment ab.

Die Kamera

Das Grundgerüst: Ob es sich um ein Smartphone mit integriertem Objektiv
handelt, eine Kompaktkamera, eine Spiegelreflex oder Systemkamera, die
Kamera ist eine der beiden zentralen Komponenten, die andere Komponente
ist das Objektiv.

Welche Eigenschaften zeichnen die Kamera aus? Im Wesentlichen sind dies
2 Merkmale:

Der Sensor

Die Größe des Sensors (das Element, dass das vom Objektiv
durchgelassene Licht in elektrische Signale und letztlich ein Bild
entstehen lässt)

Die Auflösung dieses Sensors sprich: die Anzahl der Bildpunkte, die
der Sensor aufnehmen und umwandeln kann (gemessen in Megapixel (MP))

Die Sensorgrösse wird in Millimetern angegeben, als einfache Faustregel kann
man gelten lassen: Je grösser der Sensor, desto höher die Wahrscheinlichkeit
für ein qualitativ besseres Foto. Bei den sogenannten Vollformat Spiegelreflex-
kameras hat man den Sensor etwa auf die Grösse des alten Kleinbild Rollfilms
gebracht, das waren 35 mm Breite, heute sind es 24 x 36 mm. Dieses Format
kann mittlerweile mehr "leisten", als der klassische Rollfilm es konnte, die Bild-
qualität hat die der alten analogen Kameras und Filme überholt.

Die Auflösung des Sensors bestimmt, wieviele Bildpunkte (Pixel) dieser
erfassen und in elektrische Impulse umsetzen kann. Oft werden Kameras
nur nach der Anzahl der Pixel beurteilt und gekauft, das ist schlichtweg falsch!
Ein kleiner Sensor, gepaart mit einer hohen Pixelanzahl wird meist schlechtere
Bildergebnisse liefern als ein grosser Sensor mit einer geringeren Pixelanzahl.
Eine gewisse "Mindestanzahl" Pixel sollte es aber sein, um Details des Bildes
nicht zu verlieren und die Möglichkeit zur Vergrösserung der Fotos zu bieten.
Frei Nase setze ich hier mal 10 MP (Megapixel) als Untergrenze an - Profil-
kameras haben heute bis zu 50 MP oder mehr.

Das Objektiv

Dessen Aufgabe klingt recht banal, ist es aber nicht: Es lässt das einfallende
Licht durch eine oder mehrere Linsen auf den Bildsensor fallen und sorgt
im Idealfall für ein gelungenes (und wenn gewünscht: scharfes) Bild. Die
Anzahl der Linsen, die Qualität des verwendeten Glases oder Kunststoffs,
der Schliff, die Vergütung der Linsen, die Exaktheit der Lichtbrechung und
deren Montage im Gehäuse, die Blende und die Verwendung von evtl.
Filtern vor dem Objektiv bestimmen wesentlich, wie gut ein Obektiv imstande
ist, den vom Fotografen gewünschten Bildeindruck so genau wie möglich
wiederzugeben. Jetzt sollte auch klar werden, warum ein gutes Objektiv um
ein Vielfaches teurer sein kann als das Gehäuse der Kamera, der Body.
Auch klar wird jetzt, das man bei separaten Kamera- / Objektivkombinationen
bessere Chancen hat, wenn es um eine "Aufrüstung" geht - man kann einzelne
Komponenten tauschen anstatt gleich beides ersetzen zu müssen.

Ein Foto machen

Es geht los, wir haben unsere Kamera, genug Platz auf der Speicherkarte,
der Akku ist geladen, wir wollen Fotos machen. Suchen wir uns ein erstes
Motiv aus:


Sieht doch hübsch aus, oder? Das Hauptmotiv steht klar in der Mitte, das
Hochhaus links, die Bäume und Sträucher rahmen das Motiv ein und lassen
die Deutung zu, das es sich um eine Art Park handelt. Die Belichtung stimmt,
der Kontrast ist gut, die Sonne stand im Rücken und leuchtet das Motiv schön
aus, der blaue Himmel gibt dem Bild einen passenden Abschluß. Aber war's
das schon? Eigentlich ist das Foto eher typisch und vergleichsweise "lang-
weilig" - Warum? Es ist hier zwar in Ordnung, die Kamera in Augenhöhe
auf das Motiv zu richten, das Bild ist korrekt belichtet und scharf, aber das
Motiv steht zu dominant im Vordergrund. Wechseln wir ein wenig die
Blickrichtung und versuchen es noch einmal.


Das Motiv ist zur Seite gerückt und steht buchstäblich nicht mehr im
Mittelpunkt, ist aber dennoch das dominierende Element. Der "Park"
Eindruck ist stärker als beim ersten Foto, da das Hochhaus fehlt und
der Natur mehr Raum gegeben wurde.Das Bild wirkt stimmiger. Aber
was, wenn man das Hauptmotiv besser in Szene setzen will und gar
keine Umgebung in die Bildkomposition einfliessen lassen will? Drehen
wir die Kamera um 90° und geben damit dem Motiv mehr Raum.

Mächtig, beherrschend und vielleicht sogar etwas bedrohlich steht die
Säule nun eindeutig im Mittelpunkt des Geschehens, die Umgebung ist
nur noch Beiwerk. Ein ganz anderer Bildeindruck ist entstanden.

Bildgestaltung mit Hilfe der Technik

Gut, wir wissen nun, welche Wirkung der Bildausschnitt auf die Bild-
wirkung hat. Welche Möglichkeiten gibt es noch, ohne gleich am PC
zur Nachbearbeitung zu schreiten? Jede Menge!

Eine simple Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Bildbetrachter auf
ein bestimmtes Element zu lenken, ist der Fokus - der Bereich des
Fotos, der scharf dargestellt wird. Aber will man denn nicht alles scharf
dargestellt sehen? Die Antwort: Nicht immer... Moderne Objektive sind
auf kompromisslose Schärfe ausgelegt, was meist auch ganz gut klappt,
dieser Eindruck ist aber nicht immer gewünscht. Beispiel: das klassische
Proträtfoto, hier soll die abgebildete Person bzw. das Gesicht im Vorder-
grund stehen, nicht die Umgebung. Natürlich trifft man hier mit der Wahl
des Bildauschnitts bereits eine wichtige Vorabentscheidung, aber der
Fokus spielt eine nicht minder wichtige Rolle. Welcher Bereich soll scharf
abgebildet werden? Mit dem Festlegen des Fokus trifft man eine wichtige
Entscheidung, die ein gelungenes oder mißlungenes Foto ausmachen
oder aber die Bildwirkung gänzlich verändern kann.

   

Im linken Bild ist der Fokus auf den Hintergrund gerichtet - so kennt man
die meisten Fotos. Rechts dagegen ist der Fokus auf die Zweige im
linken Bildausschnitt gelegt, der Hintergrund ist im Gegensatz dazu unscharf.
Zum besseren Verständnis und weil die Bildwirkung dadurch plakativer wird,
habe ich bei beiden Fotos nicht nur mit dem Fokus, sondern auch mit der
Tiefenschärfe gearbeitet - dazu später mehr. Ebenfalls eine Rolle spielt hier
das sog. "Bokeh" - auch dazu später mehr. Ein Fehler dagegen ist eindeutig,
wenn der Fokus des Bildes woanders liegt, als er eigentlich sollte...

   

Im linken Bild sitzt der Bereich der Schärfe, der Fokus dort, wo er gewünscht
ist, in der Bildmitte im vorderen Astknoten. Im rechten Bild dagegen sitzt der
Fokus dahinter, der vordere Bereich, der direkt ins Auge springt, ist unscharf.
Dieser Fehler kann durch mehrere Umstände passiert sein:

Die Programmautomatik der Kamera hat die falschen Fokusmeßpunkte
verwendet. Abhilfe: Fokus manuell setzen (sofern möglich)

Zu nah am Motiv, das Objektiv kann im vorderen Bereich nicht mehr scharf-
stellen. Abhilfe: Etwas mehr Abstand zum Motiv wählen oder Objektiv mit
passender Brennweite (z. B. Weitwinkel oder Makroobjektiv) verwenden.

Eine weitere Möglichkeit, ein Foto zu gestalten, gibt es über die Belichtungs-
zeit
. Verlängert man die Belichtungszeit, werden bewegte Bildelemente
unscharf, verkürzt man sie, werden bewegte Bildelemente in der Bewegung
"eingefroren" - beides kann seinen Reiz haben.

     

Im linken Bild habe ich die Belichtungszeit auf 1/50 Sekunde eingestellt,
was bei den herrschenden Lichtverhältnissen einer normalen Zeit entspricht,
bei der man ohne Stativ (Kamera frei in der Hand gehalten) noch nicht ver-
wackelt. In der mittleren Aufnahme wurde die Belichtungszeit auf 2 Sekunden
eingestellt - so lange hält niemand die Kamera ruhig in der Hand, das Bild
wäre verwackelt, das Bild wurde folgerichtig mit Stativ gemacht. Das fließende
Wasser hat sich in einen Strahl mit Strudeln verwandelt. Im rechten Foto wurde
im Urlaub an einem Springbrunnen die Belichtungszeit auf 1/4000 Sekunde
verkürzt, man sieht die einzelnen Wassertropfen in der Schwebe - leider nicht
ganz sauber fokussiert, darum sind die Tropfen nicht 100% scharf.


 

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Letztes Update: 16.05.2021