Honda SL350 K1

13.07.2022 - Die Honda wird weiter zerlegt: Ich baue den Motor aus,
die Schwinge, die Gabel, beide Räder und klopfe die Lenkkopf-
lagerschalen aus - die sich beharrlich, aber vergebens weigern, ihren
angestammten Platz zu verlassen. Damit sind die Vorarbeiten soweit
abgeschlossen, die Aufarbeitung der Teile kann beginnen.
Übrigens ist mir gestern noch etwas Entscheidendes aufgefallen:
Nachdem ich festgestellt hatte, dass das linke Standrohr Rostpickel hatte,
wollte ich nachsehen, ob Ersatz zu bekommen ist. Aber beim Betrachten
der Angebote fiel mir auf, das da was nicht stimmen kann... Nach mehr-
maligem nächtlichen Besuch der Garage und Prüfung der Gabel steht nun
fest, dass in meiner SL die falsche Gabel verbaut ist - zumindest die
falschen Standrohre. Vermutlich hat der Vorbesiter die Gabel bei
einem Unfall ruiniert und Teile einer SL350 K0 Gabel verbaut, jeden-
falls sieht es so aus. Ich überlege, wie ich damit umgehen kann, einer-
seits ist das Problem nur von einem Fachmann erkennbar, andererseits
werde ich immer wieder Probleme haben, wenn Teile für die Gabel
gekauft werden müssen. Nach Sichtung der Angebotslage im Internet
ergattere ich in England 2 halb zerpflückte Gabeln und das untere Gabel-
joch einer SL350 K1, damit sollte das Problem behoben werden können.
Dann richte ich das Bremspedal, das verzogen UND verbogen ist. Mit dem
Brenner wird das Pedal erhitzt und mittels Rohrzange und Schraubstock
gerichtet - Passt! Das wie eine Banane verbogene Rahmenheck wird
dagegen etwas mehr Mühe machen... Aber in den nächsten Tagen werde
ich die großen Brocken erstmal zum Dampfstrahlen schleppen.

Muß nach dem Richten noch
abkühlen: das Bremspedal.
Der Motor wartet ausgebaut
auf seine Überholung.
Kein Gramm Fett mehr
im Lenkkopflager.
Total aufgebogen und verschlissen:
Seitenständer und -halterung.
Krumm, krümmer,
am krümmsten...
Der Rahmen ist bereit
zur Weiterbearbeitung...
...desgleichen die
restlichen Teile.

14.07.2022 - Ich packe den Rahmen und die Schwinge ins Auto und fahre
zur nächsten Auto-Selbstwaschanlage. Die Teile werden eingeseift und dann
mit Hochdruck gereinigt - jetzt kann ich auch sehen, wo ich dran bin: Der
Rahmen wird etwas mehr Arbeit erfordern, da nicht nur das Rahmenheck
verbogen ist, auch der linke Unterzug, wo die Motorhalterung angeschweißt
ist, hat einen deftigen Treffer abbekommen. Daher fahre ich gleich weiter zum
Baumarkt, um "Richtmaterial" zu holen: einen dicken Holzbalken, den ich mir
in drei Teile schneiden lasse... Zusammen mit ein paar Spanngurten und
genügend Wärme sollte sich das Heck richten lassen, die dicke Beule am
Unterzug werde ich ebenfalls versuchen zu richten, notfalls werden verbleibende
Falten mit Karosseriezinn aufgefüllt. Der Motor war beim Ausbau nicht auf
Spannung, daher gehe ich davon aus, dass die Beschädigung "nur" optischer
Natur ist, dennoch werde ich mit entsprechendem Meßequipment den Rahmen
an fixen Punkten sorgfältig prüfen. Zusammen mit der (mutmaßlich) wg. Unfall-
schadens reparierten Gabel scheint mir, dass der Vorbesitzer das arme Mopped
ziemlich hart rangenommen hat.

Frisch gewaschen... ...jetzt zeigen sich weitere
Beschädigungen.
Sind die Sachen für
Arbeiten am Motorrad
geeignet? Aber ja doch ;-)

15.07.2022 - Feierabend - auf zum Baumarkt! Was suche ich? Ich brauche
irgendwas, das ich zum Abmessen von Referenzpunkten am Rahmen nutzen
kann. Da der Rahmen der SL links und rechts weitgehend symmetrisch ist,
will ich diverse Punkte "anfahren", das Maß nehmen und mit der jeweils anderen
Seite vergleichen - stimmt da was nicht, ist der Rahmen krumm, dann muß
ich mir eine Spezialfirma suchen. In der Gartenabteilung werde ich fündig: Ein
1,80 m Zaunpfahl plus 3 Befestigungsschellen, dazu hole ich mir noch ein
Stück Flacheisen, das an die Schellen montiert wid und, entsprechend prä-
pariert, als "Zeiger" dienen soll. Nebenan ist noch ein Eisenwarenhandel,
dort bekomme ich ein 10 cm Stück dickwandiges Stahlrohr, das innen fast
exakt die gleichen Maße wie der Rahmenunterzug außen hat, das will ich
wie eine Presse verwenden, damit der Unterzug wieder in Form kommt.
Im Bastelkeller werden dann die Schellen modifiziert und das Flacheisen
abgeschnitten und spitz zugeschliffen, ein Spritzer weiße Farbe soll das
Ablesen erleichtern. Zuletzt schneide ich noch das kurze Stahlrohr längs
in zwei Hälften, damit sind die Vorbereitungen für morgen abgeschlossen.
Zwei kurze und ein langer
Zeiger an meinem Meßstab.
Damit wird der Rahmenunterzug
"in die Zange" genommen.

16.07.2022 - Freund Ernst kommt mir zu Hilfe, alleine ist das Richten des
Rahmens nicht zu stemmen. Zuerst prüfen wir mit der Meßlatte die allgemeine
Geometrie des Rahmens, nehmen Punkte ab und vergleichen sie links und rechts,
in den Lenkkopf wird ein langes Rohr gesteckt und dies als "Peilstab" genutzt,
der Rahmen an sich ist offenbar gerade - Uff... Wenn sich hier Probleme gezeigt
hätten, wäre es entweder ein Fall für einen Spezialisten geworden oder ich
hätte mich nach einem Ersatzrahmen umsehen müssen. Gut, fangen wir mit dem
einfachen Part an: dem Heck. Zwei Balken stützen den Rahmen zur Hebebühne
ab und fungieren als "Drehpunkt" für das Richten des Hecks, vorne hindert ein
Spanngurt den Rahmen am Wegrutschen und ein weiterer unter dem Lenk-
kopf am Umkippen. Dann wärme ich die Übergänge des Rahmenhecks kräftig
mit dem Brenner an, mit einem weiteren Spanngurt und einem quer aufgelegten
Balken wird das Rahmenheck vorsichtig nach unten gezogen und gemessen -
noch ein weiteres mal, dann stimmt die Geometrie wieder. Mangels Muster-
fahrzeug oder etwa Abmessungen müssen wir uns zwar an Fotos aus dem
Internet orientieren, aber das Teil hat praktisch keine tragende Funktion und ist
unkritisch. Es folgt der schwierigere Part: Die dicke Delle an der vorderen
linken Motoraufhängung. Nach genauer Betrachtung des Schadens ist klar,
das wir nicht einfach von außen dran rumdengeln können, wir brauchen Platz.
Die Halterung besteht aus zwei zusammengeschweißten Teilen, der äußere,
verbogene Teil muß weg. Ich flexe die Schweißnaht am Rahmen weg, dann
werden die beiden Schweißpunkte, die die Halterungen zusammenhalten,
ausgebohrt und wir haben Zugang zum eingedellten Rahmenrohr. Ich habe seit
ewigen Zeiten einen Gleithammer herumliegen, der kommt nun zum Einsatz:
Eine M6 Schraube wird zentral auf die Delle geschweißt und dann mit dem
Gleithammer solange daran gezogen, bis die Delle weitgehend verschwunden
ist. Dann trage ich Material auf die Delle auf, schleife es in Form, richte den
äußeren Teil der Halterung und schweiße wieder alles zusammen am Rahmen
fest. Ein paar Löcher werden zugeschweißt, dann so gut es geht verschliffen
und noch mit Karosseriezinn die Spalten verschlossen. Das sieht nicht
schlecht aus, ich bin zufrieden. Stabil ist es auch, die Maße stimmen noch,
der Lackierer muß zwar mit etwas mehr Lackfüller nachhelfen, aber dann
dürfte kaum noch was zu sehen sein. Feierabend!

Der Schlitz wird für die Kotflügel-
halterung benötigt.
Die improvisierte Richtbank.
DIe äußere Motoraufhängung
wird abgeflext.
Seltsam: Die Halterungen sind
links und rechts unterschiedlich...
Und da ist sie ab. Es wird geschweißt,
geschliffen und gelötet.
So sieht das Ergebnis aus.


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Letztes Update: 16.07.2022