Royal Enfield
Interceptor Series II
04.05.2008 - Gestern wollte ich nach einigen
Wochen Standzeit
wegen Regens dem Twin ein wenig Auslauf gönnen, aber die
Batterie zeigt sich mit schlappen 6,2 Volt außerstande, der Zündung
genügend Saft zur Verfügung zu stellen. Fragt sich nur warum?
Beim Einstecken des Ladegerätes fängt die Alarmanlage an zu
spinnen und
lässt die Blinker flackern - hat die etwa die Batterie
leergesaugt? Nehmen wir die Hauptsicherung heraus, laden die
Batterie direkt und sehen uns das Problem am Sonntag an.
Die Batterie ist wieder voll, die Alarmanlage geht auch wieder, ein
Check mit dem Multimeter zeigt keine verborgenen Verbraucher an,
also was zum Teufel war das wieder? Na schön, da das Mopped
eh' schon halb zerlegt ist, klemme ich testweise die schon seit 2005
herumliegende amerikanische Zündspule an, aber auch die kann
dem Zündfunken nichts Neues abgewinnen... Es folgt der Ersatz
des schon vor einigen Wochen festgestellten Bruchs des Kupplungs-
druckpilzes, und schon wieder muss ich feststellen, das der ganze
Kupplungskorb wackelt - und das trotz Schraubensicherungsmittel
und Federring! Neuer Versuch, neuer Federring und diesmal
Loctite "Superfest". Die Kupplung wird wieder montiert und justiert,
dabei passiert's: "Knack", macht es - und die Kupplung ist völlig
lose... Bei der erneuten Demontage zeigt sich, das die
Getriebehauptwelle, auf der die Zentralmutter sitzt, einfach mitten
durch gebrochen ist! Ein kurzer Blick in den Teilekatalog bestätigt
die Schreckensbilanz. Nach kurzer Überlegung bleiben mir jetzt
3 mögliche Alternativen:
1. Versuch, die Welle durch Abnehmen
des rechten Getriebedeckels
zu ersetzen. Ob das geht, werde ich mit dem Ersatzteilhändler in
England
versuchen zu klären.
2. Ausbau und Instandsetzung von Motor
und Getriebe. Warum Motor
und Getriebe? Da wär zum einen die gebrochene Hauptwelle und
anderen der herausspringende 3. Gang, dem man bei dieser
Gelegenheit auch gleich auf den Zahn fühlen kann. Der Motor
würde die seit längerem herumliegenden Carrillo Pleuel bekommen,
dazu müsste aber die Kurbelwelle neu gewuchtet werden - teuer.
Des Weiteren wäre der Ölverlust an der Kurbelgehäusenaht zu
erwähnen, der dann ebenfalls behoben werden könnte, außerdem
die Zylinder neu geschliffen, neue Kolben und Ringe montiert werden
- sehr teuer, aufwändig und langwierig, aber mit der 2. Chance, das
dann endlich Ruhe einkehrt.
3. Verkauf des Moppeds inkl. aller
Ersatzteile in Bausch und Bogen
ohne Garantie und Gewährleistung - sehr schmerzlich, aber nach
dem Motto "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne
Ende" durchaus nachvollziehbar, oder?
In den nächsten Wochen werde ich das Ganze gründlich
überdenken,
mich mit einigen Leuten beraten, meine Finanzen und vor allem
meine Nerven kritisch prüfen und dann eine definitive Entscheidung
fällen. Jedenfalls wird man den Twin eine ganze Weile nicht hören...
14.06.2008 - Nach
Urlaub, Dienstreise und viel Arbeit zwischendurch
finde ich Muße, mir das Getriebe vorzunehmen. Bereits 2 Tage nach
der Fehlerdiagnose bekam ich Antwort von meinem
Ersatzteilhändler
aus England: Die Getriebewelle ist austauschbar, ohne die ganze
Box ausbauen und zerlegen zu müssen. Ich bestellte umgehend die
notwendigen Teile und heute mach ich mich ran. Kickstarter und
schalthebel sind schnell demontiert, ebenso der äußere Deckel
nebst Schaltmechanismus. Um den inneren Deckel zu entfernen,
muss die Linksgewindemutter vor dem Hauptlager entfernt werden.
Kein Problem, auch den inneren Deckel inkl. Lager habe ich schnell
in der Hand. Die Welle lässt sich tatsächlich leicht aus den Räder-
werk ziehen, vorsichtig halte ich eine Hand an die Teile, damit nichts
auseinander fällt. Die "neue" Welle aus England ist eine Gebrauchte,
die keinen allzu guten Eindruck macht... Aus den Trümmern meines
Originalgetriebes suche ich mir dessen Welle heraus, sie sieht
deutlich
besser aus, also wird diese verbaut. Nachdem die Welle
eingesetzt
und der Deckel mit Dichtmasse wieder montiert ist, setze
ich den
Schaltmechanismus ein und wechsele noch den der
Schaltschwierigkeiten verdächtigen Arretierstift für die schaltgabel.
Ein erster Test
im Stand zeigt, dass das Getriebe nur sehr schwer zu
schalten ist,
der Schaltmechanismus muss also noch auseinander.
Beim
genaueren Betrachten fällt mir auf, dass der Schaltaktuator, auf
dem
der Schalthebel sitzt, an den Deckel stößt, durch den die
Kupplungsbetätigungsstange läuft. Dieser hat ab Werk eine
Abflachung, diese
reicht aber nicht ganz aus, weshalb mittels Feile
und Schmirgel ein
wenig nachgeholfen wird. Das Ende des
Aktuatorarms ist eine
Gabel, die durch eine Schenkelfeder geführt
wird und den Schaltmechanismus betätigt. Dessen Lauffläche ist
allerdings sehr schartig
und wird durch das Teil aus meinem
Altgetriebe ersetzt. Alles wird
gut gefettet, nach Handbuch sorgfältig
justiert und der äußere
Deckel montiert. Getriebeöl wird aufgefüllt,
Kickstarter und Schaltmontiert, der Zündschlüssel gedreht und - nix...
Keine Lampe, alles
tot. Die Batterie hatte ich geladen, das kann's
also nicht sein. Nach
kurzer Fehlersuche zeigt sich, dass die 30 A
Hauptsicherung den
Geist aufgegeben hat. Auch danach ist
allerdings noch kein Lebenszeichen zu erkennen. Eine Suche
Richtung Heck (wo ich den Grossder Elektrikkomponenten unter-
gebracht habe) offenbart keine
weitere defekte Sicherung, allerdings
fällt mir auf, dass das Hauptrelais unter dem Tank beim Drehen des
Zündschlüssel nicht klickt.
Nach Konsultation meines selbst erstellten
Schaltplans bleibt nur
noch das Zündschloss selbst als Übeltäter
übrig. Nachdem ich es
ausgebaut habe, zeigt sich, das der Heck-
kabelbaum so stark am
Zündschloss gezerrt hat, das sich die
Kabelschuhe am Zündschloss
gelöst haben. Der Kabelbaum wird
etwas anders verlegt und fixiert,
danach ist wieder Leben in der
Elektrik. In der Garage lasse ich den
Motor ein paar Minuten
warmlaufen, die folgende Probefahrt
offenbart keine gravierenden
Fehler, lediglich der 3. Gang neigt
immer noch zum Herausspringen -
nix Neues also... Immerhin kann
man den Twin wieder aus eigener
Kraft bewegen. In den nächsten
Wochen werde ich Kontakt mit der
Firma
Elektronik-Sachse aufnehmen, um endlich die unselige Boyer
Zündbox gegen eine
zuverlässigere Anlage ersetzen zu können. Die
Zündanlagen
sind für u.a. für englische Twins verfügbar und haben
sich in relativ
kurzer Zeit einen guten Namen erworben. Sie haben
verschiedene
Zündkurven und vor allem auch noch mit einer
geringeren Betriebsspannung lauffähig - die Boyer gibt bereits bei
knapp 11 Volt auf...
18.07.2008 - Ein Tag frei - auf nach Lübbecke!
Der Spezialist
für
elektronische Zündanlagen muss allerdings wg. diverser Staus auf
den Autobahnen A1 und A2 knapp 2 Stunden länger auf mich warten
als geplant... Die Zündanlage ist ähnlich kompakt wie die Boyer,
ich muss mir für das Steuergerät allerdings eine neue Halterung
bauen. Die Elektrik verlegen wir für's Erste "fliegend", die Anlage
ist wirklich schnell einzubauen und zu justieren: Der Motor wird auf
OT gedreht, auf der Pickupeinheit sitzt eine LED, der Mitnehmer
wird solange gedreht, bis die LED gerade angeht und dann
festgezogen, einmal Motor zum Testen komplett durchgedreht,
Achse des Mitnehmers festziehen - Fertig! Den Rest besorgt die
Zündbox und deren verstellbare Zündkurven. Ein kurzer Test des
Zündfunkes folgt, dieser fällt aber mäßig aus... Gut, dass ich die
vor längerem erworbene Dyna Doppelzündspule mitgebracht habe,
die an der Boyer Zündung keinen Funken lieferte - dafür aber einen
recht kräftigen Funken an der Sachse Zündung produziert. Der
Motor lässt sich recht problemlos starten, der linke Zylinder hat
im Leerlauf allerdings immer noch Aussetzer, dafür dreht der Twin
jetzt willig hoch. Nach gut 1 1/2 Stunden verabschiede ich mich
und fahre gen Heimat. Vorläufiges Fazit: Die Zündanlage scheint
auch ohne Probefahrt deutlich kräftiger und präziser als die Boyer
zu sein. Ich werde noch ein Wochenende opfern müssen, um die
Anlage sowie die Doppelzündspule sauber zu verlegen, neue
Zündkabel einzubauen und (zum 300ten Mal) die Vergaser zerlegen
bzw. austauschen. Ich bin gespannt, wie's weiter geht!