Sardinien 17.09. - 06.10.2016

Tag 17 (Marina de Porto-Bastia-Savona, ca. 320 km):

Auch heute sieht das Wetter gut aus - nicht übel! Nachdem um 09:30
eine Angestellte des Campingplatzes meinen Bungalow begutachtet
und für kommende Generationen nutzbar erklärt hat, bekomme ich
meine 200 Euro Kaution wieder. Danach fahre ich die wenige Kilometer
vor Porto liegende Schluchtenlandschaft "Calanche de Piano" erneut für
ein paar Fotos an, dann geht es weiter. Die Piste der Küste entlang bietet
erstklassige Aussichten, wird aber immer buckliger, so daß ich kaum voran
komme, ich seh's im Navi an der Ankunftszeit am Hafen in Bastia, die
sich immer weiter nach hinten schiebt. Wirklich lästig ist eine Gruppe von
5 Wohnmobilen, die ich insgesamt 4 x überholen muß (bedingt durch
meine Fotostops) - die sind so langsam, wenn die heute noch nach Bastia
wollen, wird's wohl Mitternacht werden... :-) Über die kleine Hochebene
bei L'Agriate fegt ein kräftiger Wind - durch die Berge links und rechts
wirkt die Hochebene wie ein Windkanal, man muß aufpassen, in welcher
Richtung man seinen Urin abschlägt... Den letzten Schlenker bis ganz rauf
an die Küste schenke ich mir, kurz vor 19:00 bin ich an der Fähre. Das
Zeug für die Nacht und den Morgen aus der großen Tasche holen und
in eine Tüte packen, dann heißt es warten bis zum Einchecken - und
warten, und warten, und warten... Ich werde buchstäblich als Letzter an
Bord gelassen, PKW, LKW, Wohnmobile, andere Motorräder, alles
ist an Bord! Ich fluche lautstark in sämtlichen mir bekannten Sprachen
herum, zeige den Mittelfinger, aber es bleibt dabei. Die Fähre ist offenbar
bis zum Bersten gefüllt, direkt an der Laderampe steht meine treue BMW,
liederlich mit einer dünnen Kordel gesichert. Meine Kabine liegt selbst-
verständlich am anderen Ende des Schiffes, bis ich dort bin, rauche ich
vor Zorn! Ich brauche eine Dusche und Klamottenwechsel, da mein
T-Shirt durchtränkt ist mit Haß, zersetzt von Mordlust, feucht vom
Rachedurst! Gut, das ich nicht an mein sardisches Hirtenmesser gedacht
habe, das griffbereit im Tankrucksack wartet, es hätte ein Gemetzel erster
Kajüte gegeben... Erst, nachdem ich ein Bordessen in brauchbarer Qualität
(allerdings zu schiffstypischen, gesalzenen Preisen...) und ein erstes Bier
intus habe, verraucht der Zorn so langsam. Bastia liegt bereits zurück im
Dunkeln, als ich endlich an Deck komme. Wie üblich wird in jedem Winkel
übernachtet, den meisten Mitreisenden ist die Kabine zu teuer.

Die Calanche de Piano sind... ...zweifellos ein Highlight
dieser Region
Der Felsen soll die Form
eines Hundekopfes haben
Bildhübsche Buchten... ...gibt es entlang der Westküste
in rauhen Mengen
Village de Sant'Antonino
Das nenne ich Kurven Auf der Fähre wird gepennt,
wo eben Platz ist
Titanic?

Tag 18 (Savona-Verona, ca. 360 km):

05:45: Schlecht, sehr schlecht und zu wenig geschlafen. Ein Frühstück würde
evtl. helfen, aber 9 Euro? Ich hab' doch noch zwei Mars und Mineralwasser,
das muß genügen. Ein paar Unverzagte haben tatsächlich an Deck über-
nachtet, wie ich bei der Morgenzigarrette feststellen kann! Dann hat die Fähre
das Festland erreicht, es geht durch Savona und mitten durch Genua - keine
gute Idee vom Navi und eine noch schlechtere von mir, dessen Idee zu folgen.
Der Verkehr ist höllisch, aber nicht mörderisch wie in Rom, es wird weniger
gehupt und gleich gar nicht herumgebrüllt... ;-) Trotzdem sausen einem die
Roller links und rechts um die Ohren, qualmende Diesel rauben einem den
Atem, ich bin froh, als dies hinter mir liegt. In 3 Stunden habe ich satte 80 km
geschafft... Während ich noch meine erste Pause genieße, kommt ein lustiges
Pärchen auf 2 höllisch lauten Harleys angefahren: Rockermami und Rockerpapi
(beide nur echt mit lamettabestickten Kutten!) mit Sohnemann hinten drauf -
ebenfalls passend gewandet zeigt mir im Vorbeifahren das "Peace" Zeichen
- ich bin sprachlos... :-))) Ein wenig Pässefeeling kommt auf, als ich von der
Küste aus ins Inland abbiege, der Passo del Bocco bietet kleinen Kurvenspaß.
Ein paar weitere kleine Pässe folgen, in der Sonne läßt's sich noch gut aushalten,
aber im Schatten der Bäume ist's frisch. In 2 Wochen wird hier vermutlich
ernsthaft der Herbst beginnen, die Bäume zeigen deutliche Anzeichen. An einem
Castell schieße ich 2 Fotos, 250 m weiter werde ich doch tatsächlich von
Carabinieri kontrolliert, die geben sich allerdings mit meinem Führerschein
zufrieden. Langsam macht sich der Schlafmangel bemerkbar, ich entscheide
mich daher trotz Mautgebühren, auf die Autobahn zu wechseln. Nicht schön,
die Piste Brescia-Verona, aber zweckmäßig: ich spare fast 2 Stunden Zeit, in
denen ich mir - sofern ich nicht zu müde bin - Verona ansehen kann. Meine
Unterkunft ist eine Schule, genauer gesagt eine Art College, das einen Trakt
für Gäste bereithält - spartanisch, aber Ok. Nach dem Duschen bin ich
wieder halbwegs fit, zu Fuß in die City ist aber definitiv zu weit. Der Rezeptionist
gibt mir einen Tip: an einem Fast-Food Restaurant gäbe es jede Menge freie
Zweiradparkplätze - ein guter Tip, wie sich herausstellt. Zuerst brauche ich
was für's Frühstück, da meine "Schule" nichts dergleichen anbietet. Ein Super-
markt ist rasch gefunden, dann trabe ich ziellos durch die Altstadt von Verona,
fotografiere und genieße das Flair dieses letzten Highlights meiner Tour.
Veronas Altstadt bietet reichlich Anschauungsmaterial für das Auge, viele
Ecken haben interessante Fotomotive: natürlich die Arena, unzählige kleine
Gassen, blumengeschmückte Balkone und malerische alte Gemäuer, das
Ganze natürlich garniert mit zahllosen Touristen. Nach 2 1/2 Stunden habe
ich genug und suche mir direkt an der Arena ein Restaurant. Ich beobachte
noch etwas das Treiben auf der Piazza, dann wird es dringend Zeit für's Bett.

Malerische Ortsdurchfahrt Schöne alte Brücke 2 Minuten nach dem Foto
werde ich angehalten ;-)
Reichlich Shopping-
möglichkeiten in Verona
Die Altstadt macht was her Einsamer Glockenturm 
   
Der örtliche Markt hat
lange Öffnungszeiten
Es wird Nacht - jetzt
erwacht die City zum Leben 
   
Die Arena ist... ...eines von Veronas Wahrzeichen 


Tag 19 (Verona-Lindau, ca. 440 km):

Die Morgenzigarette inmitten von pubertierenden 14-18- jährigen auf dem
Schulhof genießen - das hatte ich lange nicht mehr. ;-) Der Vorhof ist
vollgestellt mit Rollern und Mopeds aller Art, zu meiner Zeit standen dort
meist (frisierte) Hercules, Zündapp und Kreidler, aber im Grunde hat sich
wenig verändert - auch den ein oder anderen nicht zugelassenen Auspuff
habe ich gesehen. Um mein Gepäck aufzurödeln, muß ich an den Zimmern
der Professoren, Lehrern sowie den Sekretariaten vorbei und fühle mich
leicht unbehaglich dabei - habe ich eigentlich meine Hausaufgaben gemacht?
Nach einigen langweiligen Autobahnkilometern geht's in die Berge, der Passo
Aprica und der Passo Forcola präsentieren die Voralpen bei strahlendem
Sonnenschein und stahlblauem Himmel, aber natürlich wird's auch langsam
kühl. Auf dem Berninapass ist's dann wirklich kalt, aber die Ausblicke
angesichts des komplett wolkenlosen Himmels, der herrlich beleuchteten
Felsenlandschaft und der kleinen Seen ist grandios, folgerichtig müssen alle
optischen "Beweismittel" in Gang gebracht werden: Kamera (mit allen
verfügbaren Objektiven), Handy, Camcorder und die Helmkamera ebenso,
die alsbald eine volle Speicherkarte meldet - hatte ich bisher noch nie...
Auf dem Gipfel des Passes treffe ich einen Australier (!) auf seiner BMW,
der schon kreuz und quer durch Europa gereist ist, lustiger Typ. Der Julier-
pass folgt alsbald, dann geht es wieder bergab - gut so, mich friert's nämlich
langsam erbärmlich. Komisch, auf Sardinien dachte ich immer, meine Leder-
jacke ist viel zu dick, jetzt ist sie definitiv zu dünn... ;-) Aufwärmen kann ich
mich bei einem kurzen Stop vor Chur wieder ein wenig. Beim Auftanken
werde ich auch meine restlichen Schweizer Fränkli vollständig quit - Punkt-
landung nennt man sowas! Wärmer wird es aber leider nicht mehr, zeit-
weise friere ich ganz ordentlich, mein Tagesziel Lindau wird durch den
langen Stop am Bernina etwas später als vorgesehen erreicht, ist aber egal.
Einige Ecken in Lindau erkenne ich wieder, aber es hat sich auch viel
verändert. Ein paar Fotos, ein Rundgang durch die Altstadt, ein Abendessen
in einem traditionellen Gasthof, das letzte Büchsenbier von der Tanke,
damit neigt sich der Tag dem Ende entgegen.

 
Lago d'Iseo - gute Ausblicke auf den See...
...gibt es aus vielen Perspektiven Die Alpen präsentieren sich bei feinstem
Wetter - sieht man auch nicht alle Tage
 
Auf dem Berninapass - eindrucksvoll in Szene gesetzter Bergsee 
     
Dieses arme Würstchen
macht mich nicht an...
Die Altstadt von Lindau... ...mit ihren alten Gemäuern...
     
...weiß zu gefallen Der Hafen mit den beiden
Wahrzeichen
Häuserfront leicht verfremdet

Tag 20 (Lindau-Bonn, ca. 550 km)

Laut Wetterauskunft sind es in Bonn gerade einmal 3 Grad und es könnte
Schauer geben im Laufe des Tages - Brrr... Nach dem Bepacken der
treuen BMW komme ich nicht sehr weit bis zum 1. Stop, mir ist eiskalt,
es nieselt dann und wann, ich muß mich etwas aufwärmen. Es bleibt
weiterhin kalt, ich muß die Heizgriffe in Gang bringen, damit geht es
etwas besser. Hinter Pforzheim wird es zumindest 1-2 Grad wärmer,
ansonsten gibt's wie üblich am letzten Urlaubstag nicht viel: Baustellen, ein
paar Staus, viel Verkehr - es zieht sich... Ein letzter Halt 80 km vor dem
Ziel - hatte ich schon erwähnt, das mir kalt ist? Der Hinterreifen der BMW
hat vermutlich noch einen Millimeter Profil, das reicht knapp, so lange hat
schon ewig kein Satz Reifen mehr gehalten. ;-) Um 17:45 stelle ich den
Motor der BMW vor der Haustür ab, rödele ein letztes Mal das Gepäck
ab und fahre das Mopped zur Garage. Als letzte Tat dieses Urlaubstages
bestelle ich noch 2 neue Reifen, die schönen Tage sind nun Geschichte.

Seltsames Dach eines Autobahnrestaurants Der ist hin... 


 

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TIPP:
- Die Straßen Sardiniens und Korsikas sind meist recht griffig,
   auf Nebenstrecken muß allerdings immer wieder mit Sand auf
   der Fahrbahn gerechnet werden - gefährlich...
- Eigentlich nichts Neues: In der Nebensaison bekommt man vor
   Allem Unterkünfte deutlich preiswerter, dennoch ist in den besuchten
   Ländern der Preisunterschied teils recht krass.
- Von den Bergen her scheint das Wetter in Sardinien öfter zu wechseln,
   dennoch ist die Wetterlage recht gut einschätzbar, man kann und darf
   auch im Oktober noch mit Temperaturen jenseits der 20 Grad rechnen.

Letztes Update: 20.10.2016