Honda CB250 G5

10.07.2011 - Mit Anhänger geht es Richtung Darmstadt, in einem
kleinen Ort östlich davon wartet meine "neue" Honda. Das Gespräch
mit dem Vorbesitzer offenbart, dass er ebenfalls Oldie- Fan ist, eine
Mercedes Pagode Cabrio besitzt und sich die Honda zugelegt hatte,
weil er ein solches Modell in seiner Jugend fuhr - der klassische Fall.
Mangels Zeit steht die Maschine jetzt seit 9 Monaten unberührt in seiner
Garage, deshalb soll sie weg - nun, ich bin ja da und nehme mich solch
arbeits- zeit- und geldbedürftiger Maschinen gerne an...
Nach der Ankunft in der Heimat hilft mir Freund Dieter noch beim
Abladen, dann wandert das Mopped erst mal in die Scheune.

15.07.2011 - In der Woche habe ich bei eBay schon reichlich zugeschlagen,
denn das Mopped war seinerzeit ein echter Verkaufsschlager, so dass viele
Teile gebraucht und auch neu wirklich preiswert zu bekommen sind.
Nun rolle ich das Mopped wieder an Tageslicht, um eine nüchterne Bestands-
aufnahme zu machen - wie bereits geahnt, präsentiert sich der Zustand deutlich
schlechter als befürchtet: Der Rahmen ist mittels Sprühdose Schwarzmatt
lackiert worden, das Sitzbankunterteil ist mehrfach gebrochen und geschweißt,
der Bezug defekt, der Motor dreht zwar, klackert aber deutlich vernehmbar,
die Schaltwelle nebst -Hebel ist defekt, der Kickstarter ausgeschlagen, ebenso
der Hauptständer, das Lampengehäuse ist ebenso gebrochen wie der linke
Seitendeckel, zwei der Blinkerkappen sind angeschliffen, beide Krümmer
sind kräftig angerostet, die Auspufftöpfe scheppern innen weg. loser Prallbleche,
der Hauptbremszylinder sitzt fest, die Elektrik ist verbastelt, den Drehzahlmesser
hat ein Vorbesitzer unsachgemäß geöffnet, die hinteren Fußrasten sind ausgeschlagen,
desgleichen der Hauptständer. Was noch? Ach ja, der Seitenständer glänzt durch
Abwesenheit, desgleichen die Spiegel und der Benzinhahn, außerdem sind praktisch
alle Gummiteile stark zerfleddert. Zudem müssen alle lackierbaren Teile geschliffen
und neu lackiert werden. Auf der positiven Seite sind der relativ gute Zustand der
meisten Chromteile zu verbuchen und natürlich die gute Ersatzteillage.

Für's Erste beschränke ich mich auf das Einkaufen von Ersatzteilen, dann muss
das Mopped in seine Baugruppen zerlegt und überholt werden - das wird ein
Weilchen dauern...

Basteleleien überall an der Front In jugendlichem Übermut ruiniert

31.10.2011 - Mittlerweile tummelt sich in meinem Bastelkeller ein ganzes
Sammelsurium von neuen und gebrauchten Teilen, darunter zwei komplett neue
Auspuffanlagen, Zylinder, Kolben, ein halber Motor, Vergaser, ein hinteres
Schutzblech, diverse neue Gummiteile, Dichtungssätze usw. Als eine der
ersten Taten bringe ich heute die Zylinderbank zum Motoreninstandsetzer
zum Begutachten und honen. Der Fachmann erklärt Zylinder und dazugehörige
Kolben für brauchbar, also ersteigere ich per eBay einen Satz neuer Kolben-
ringe im Standardmaß. Im Dezember habe ich wegen Urlaub vermutlich etwas
Zeit, die Maschine zu zerlegen und fotografieren, damit erste Bauteile überholt
werden können.

03.02.2013 - Es kann endlich los gehen: Nach einer überfälligen Renovierung habe ich
wieder soweit Luft, sodaß die ersten Schritte erfolgen können. Ich ziehe mich warm
an (bei knapp 3° durchaus sinnvoll!) und mache mich auf in die Garage. Das Mopped
wird ans Tageslicht gezerrt und Stück für Stück in Baugruppen zerlegt. Erfreulich ist,
dass ich mit metrischem Werkzeug und Schrauben arbeiten kann, das kenne ich von
meinen englischen Veteranen gar nicht... :-) Ebenso angenehm empfinde ich, daß man
mit einer Handvoll Werkzeug das Mopped praktisch komplett zerlegen kann - die
japanischen Konstrukteure haben offenbar etwas besser nachgedacht als die englischen
Kollegen seinerzeit. Der Zustand der Teile ist größtenteils erbärmlich: Der Kabelbaum
zerrupft, mit angeflickten Kabeln repariert, die Isolierung brüchig und die Kabel selbst
morsch, die Auspuffanlage ist bis auf die Halter Schrott, die Schutzbleche verrostet,
Felgen und Speichen ebenso, die vordere Bremse hängt fest, die Armaturen sind
dilettantisch geöffnet worden und die Hinterradschwinge ist festgerostet...
Das wird einige Arbeit, zahlreiche Ersatzteile und reichlich Geld kosten, das Teil
wieder in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen. Nach 4 Stunden sind die Bau-
gruppen ausgebaut und in Kisten gepackt, zahlreiche Fotos sind beim Zerlegen
gemacht worden, um den späteren Zusammenbau zu erleichtern. Als Erstes
werde ich den Rahmen auf Verzug prüfen, die festgerostete Schwinge und den
Hauptständer ausbauen, die defekten Gewinde instandsetzen und ihn dann zum
Strahlen und Lackieren wegbringen.

Auf geht's! Akribisch wird der Zustand
festgehalten
Ich war eine Honda...

09.02.2013
- Der Rahmen wiegt mit montierter Schwinge und der Endloskette
gut und gerne 30 Kilo - für den Transport von der Garage bis in den Bastel-
keller muss ich das Teil 6 mal absetzen, um wieder Luft schnappen und
meinen Muskeln eine Pause zu gönnen. Im Keller wird der Rahmen auf die
Werkbank gewuchtet, dann werden alle restlichen Anbauteile entfernt: Die
restlichen Schrauben, die Motorhalterungen, das Typenschild und zuletzt
werden noch die alten Lagerschalen der Lenkkopflagers herausgeklopft.
Der Haupständer ist rasch abgebaut, die Schwinge bzw. der Haltebolzen
dagegen rührt sich auch unter Zuhilfename einer Rohrverlängerung nicht.
Mit Hilfe einer Lötlampe wird die Schwinge auf Temperatur gebracht, dann
endlich knackt es vernehmlich und der Haltebolzen dreht sich ein wenig. Aber
auch mit Hilfe eines massiven Abziehers, der von der Rückseite her Druck
ausübt, gelingt es nicht, den Bolzen auch nur einen Milimeter heraus zu
bekommen. Was nun? In meinem Ersatzteilfundus finde ich eine gebrauchte
Schwinge, deren Zustand deutlich besser erscheint - es bleibt mir nichts
Anderes übrig: die alte Schwinge wird mittels Flex und Säge aus dem
Rahmen geschnitten... Eventuell hätte man mit einer hydraulischen Presse
noch was bewirken können, die habe ich aber nicht. Der Hauptständer und
dessen Rahmenaufnahme sind arg ausgeschlagen, daher wird der Ständer
zuerst mittels verstellbarer Reibahle aufgerieben, bis das Oval sich wieder
in eine Rundung verwandelt hat. Aus einem Stück Edelstahl wird ein neuer
Bolzen angefertigt und leicht hohl gebohrt. Das Problem ist, das der Bolzen
viel zu wenig Auflagefläche am Rahmen hat, daher würde auch der neue
Bolzen rasch wieder ausschlagen. Aus einem Stück Messing drehe ich mir
zwei Buchsen, die ich, nachdem ich die Rahmenaufnahmen ebenfalls per
Reibahle gerundet habe, dort einsetzen kann. Jetzt hat der Bolzen des
Ständers eine deutlich breitere Auflagefläche und bessere Führung. Aber
zuletzt muss ich mich um meine Drehbank kümmern, deren Vorschub
bei der letzten Buchse ausfiel - leider ist die Führungsbuchse des
Zwischenrades geplatzt. Den Schaden kann ich nicht selbst beheben, da
die Buchse gleichzeitig auch zur Fixierung des 2. Zahnrades dient,
da bleibt mir nur der Gang zum Profi... Feierabend!

Durchgesägte Schwinge Die Überreste am Rahmen
Die traurigen Überbleibsel Der Hauptständer wird bearbeitet

10.02.2013 - Zuerst werden die Arbeiten am Hauptständer abgeschlossen:
die 2. Buchse wird nochmals bearbeitet, 2 Unterlegscheiben werden passend
zum Bolzen aufgebohrt und in die Enden des Bolzens bohre ich 2 Löcher zur
Aufnahme zweier Sicherungssplinte. Zum Abschluß schleife ich noch einige
der wirklich furchtbaren Schweißnähte des Ständers ab - Fertig!
Der Seitenständer verlangt als nächstes nach Aufmerksamkeit - auch dieser
sowie die Rahmenaufnahme sind ausgeschlagen, also: Same procedure again...
Die Rahmenaufnahme wird aufgebohrt, desgleichen der Seitenständer. Der
Haltebolzen ist gleichzeitig Führung, aus einem Stück Sechskantedelstahl
drehe ich mir einen neuen Bolzen, der exakt in den neu angefertigten Führungen
des Rahmens und des Ständers sitzt. Das Ergebnis überzeugt, auch hier schleife
ich zuletzt die groben Schweißnähte ab. Es folgt die Schwingenlagerung: Hier
hatte ich mir vor einiger Zeit bereits eine neue Achse nebst passenden Nadel-
lagern besorgt, die die orginalen Stahlbuchsen ersetzt. An der Reseveschwinge
stelle ich allerdings fest, das der Vorbesitzer des Teils dieses schon bearbeitet
hat: Eine präzise angefertigte Stahlbuchse, die über die ganze Schwingenbreite
trägt, ein bearbeiteter Haltebolzen sowie ein Schmiernippel nebst reichlich
vorhandenem Schmierfett zeugen davon. Mmmh, soll ich wirklich diese
saubere Arbeit demontieren, um sie durch eine gleichwertige zu ersetzen?
Die Antwort lautet: Nein! Die Teile werden gereinigt, das alte Fett entfernt
und meine neuer Überholsatz wandert als Ersatzteil wieder zurück in die Kiste.
Was jetzt? An meinem Mopped fehlte der Kettenschutz komplett, den hatte
ich mir bereits gebraucht besorgt. Seltsamerweise passen die Halterungen
nicht ganz an die Schwinge, am durchgesägten Altteil dagegen sehr wohl...
Kuzerhand wird die vordere Halterung an der Schwinge abgesägt, die
Schwinge geglättet, aus einem Stück Flacheisen eine neue Halterung
angefertigt, mit einer Bohrung nebst aufgeschweißter Mutter versehen
und an die Schwinge angeschweißt. Damit sind der Rahmen, die Schwinge
und der Kettenschutz fertig zum Strahlen und Lackieren.

Saubere Lagerung... ...am Hauptständer... ...und am Seitenständer

11.02.2013 - Ein paar Kleinigkeiten warten: Die Öffnungen in Rahmen und
Schwinge, die nicht gesandstrahlt werden sollen, werden verschlossen, dann
nehme ich mir den Batteriehalter, Armaturen- und Lampenträger sowie weitere
Blechteile vor, rüste sie ab und bereite sie zum Strahlen vor. Beim Zerlegen
fallen mir weitere Teile auf, die entweder fehlen oder beschädigt sind, diese
werden umgehend per Internet aus den verschiedensten Quellen geordert.
Soweit, so gut, räumen wir das Chaos etwas auf und reinigen Werkzeug und
Maschinen - für Heute ist's genug.

Bereit zum Strahlen und Neulackieren

12.02.2013 - Morgens wird rasch das defekte Zwischenrad für den Vorschub
meiner Drehbank zum Spezialisten gebracht - hoffentlich kriegt er das Teil wieder
hin... Abends bringe ich die am Wochenende vorbereiteten Teile zum Strahlen,
mit Erstaunen muß ich feststellen, daß dort inzwischen 2 mal der Besitzer
gewechselt hat! Offenbar war ich schon 3 Jahre nicht mehr da, hoffentlich
machen die neuen Besitzer ebenso gute Arbeit wie der Vor- Vorgänger.
Zurück zuhause sehe ich, das einige der am Wochenende bestellten Teile
bereits angekommen sind: Die neuen Buchsen für die unteren Stoßdämpfer-
halterungen und die beiden Auslaßventile.

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Letztes Update: 12.02.2013