Royal Enfield Interceptor Series II

23.07.2005 - Auf geht's - Zuerst werden die neuen Vergasergehäuse
auf Verzug geprüft, die Dichtflächen kontrolliert und alle Bohrungen
auf Durchgang gecheckt. Ergebnis: Alles im grünen Bereich. Dann
werden die Ansaugtrichter angelegt, die Löcher angezeichnet,
gebohrt, Gewinde geschnitten und die Trichter mit kleinen M4 Inbus-
schrauben und einem Tropfen Loctite an den Ansaugöffnungen
befestigt. In der Garage werden aus den Alt- Vergasern die Teile
ausgebaut und in die neuen Gehäuse montiert. Dann wandern die
fertigen Vergaser an ihren Platz auf den Ansaugstutzen. Zwei Tritte
auf den Kickstarter und der Motor läuft - leider nur auf dem rechten
Zylinder...  Sch*$%&#!!! Auch durch gutes Zureden und Drehen an
Gemisch- und Leerlaufschrauben lässt sich der linke Zylinder nicht
zur Aufnahme der Arbeit bewegen, auch nicht bei höherer Drehzahl.
Nur ein gelegentliches Patschen aus dem linken Topf zeigt an, dass
nicht alles tot ist. Jetzt gehen mir aber wirklich langsam die Ideen und
vor allem meine gute Laune aus. Abends denke ich noch einmal über
die bisherigen Schritte nach: bei den Tests mit den Alt- Vergasern
(wobei der Motor lief) waren als einziger Unterschied die Trichter
nicht montiert. Das werde ich am Montag prüfen, sonst bleibt mir nur
noch übrig, entweder einen Pfarrer zur Teufelsaustreibung zu
engagieren oder dem Meister von Motorradtechnik Fürst den ganzen
englischen Plunder zur Fehlersuche zu übergeben. Wenn der Montag
Abend nicht noch neue Erkenntnisse bringt, werde ich ihn fragen
(vorerst nur den Händler, nicht den Pfarrer!). Allmählich drängt sich
der Vergleich mit einem alten Comic von Werner auf, den ich mal frei
auf meine Gegebenheiten anpasse:
Ort der Handlung: Eine beliebige Garage irgendwo in D. Man
schreibt das Jahr 2005 anno Domini. Der Kradist (Danke an hwicht
für diese Wortschöpfung!) G. schlendert im schicken Werkstatt-
Overall Richtung Garage, um dem Unwillen englischen Alteisens
mittels geballten teutonischen Fachwissens den Garaus zu machen.
75. Akt, 1. Szene: Dem Tritt auf den Kickstarter folgen erst einige
Flammen, dann ein paar Fehlzündungen und schließlich das
Aufstöhnen der gequälten Nachbarschaft ("Er nu wieder..."). Nach
einigen Versuchen, dem hinterhältigen Ausbleiben des Leerlaufs
auf die Schliche zu kommen erscheint, von saftigen Flüchen des
Meisters der Zollschlüssel untermalt, Freund D., seines Zeichens
glühender Bewunderer der mechanischen Fähigkeiten des G. und
Besitzer eines langweiligen Gefährtes aus Bayerischen Motoren
Werken, das neben gelegentlichen Inspektionen keinerlei
Aufmerksamkeit bedarf - Wie trostlos und Öde!
75. Akt, 2. Szene: Schlurf, Schlurf, D. betritt die Szene, erfasst
mit Kennerblick sofort die Situation und legt mit den ersten an G.
gerichteten Worten gleich den Finger auf die Wunde: "Na, immer
noch am Klütern?" G.: "Mmphhh! Geht schon, patscht noch ein
bisschen, läuft sonst aber schon ganz gut. Nur beim Motor muss ich
noch bei, da leckt Öl raus."  Danach wendet sich G. wieder dem vor
sich hin polternden Twin zu, nicht ohne vorher seinem Gesprächs-
partner eine Zigarette zur Beruhigung seiner Nerven an zu bieten.
G.: "Isses schon 8 Uhr durch?" D.: "Jo, mach' nich mehr so lange."
G. hätte sich angesichts der vor Begeisterung tobenden Nachbar-
schaft und der ihm beim Verlassen des Werksgeländes nachge-
worfenen Blumentöpfe eigentlich die Frage selbst beantworten
können, zieht diese belanglose, dem Freund D. schon länger
bekannte Form der zu nichts verpflichtenden Kommunikation aber
vor, um nicht ein weiteres Mal in Erklärungsnotstand zu kommen. D.
trollt sich nach einigen hastigen Zügen aus der Zigarette wieder gen
Heimat, um weiteren geistigen Ergüssen des G. aus dem Wege zu
gehen. Ende des 75. Aktes, Vorhang, das Publikum zeigt dem
Ensemble den Stinkefinger und entfernt sich... Der 76. Akt liegt trotz
aller Kritik bereits fertig in der Schublade, bereit zur Uraufführung!

25.07.2005 - Abends geht es für einige Schnelltests in die Garage,
ich will den linken Vergaser mal ohne Trichter probieren. Nach zwei
Stunden bin ich zu einem überraschenden Ergebnis gekommen,
zu dem ich aber noch nichts sagen möchte: Ich brauche noch zwei
Ersatzteile, wenn es damit klappt wie gewünscht, verrate ich mehr.
Sollte es nicht funktionieren, habe ich mich wenigstens nicht schon
wieder zum Gespött des Volkes gemacht... Also, bis morgen, liebe
Leser!

26.07.2005 - Die Felge hatte ich gestern Abend noch von Motorrad-
technik Fürst bekommen, der Reifenhändler hat sich's aber gemütlich
gemacht und seine Tore bereits geschlossen. Dann eben nicht.
Morgens gleich beim nächsten Reifenhändler vorbei, der mir für 15
Euro den Reifen wieder montiert und das Rad auswuchtet. Abends
mache ich mich noch auf den Weg zu Hein Gericke, um ein paar
Teile für weitere Tests zu erwerben, dann mache ich mich auf in die
Garage. Das Rad ist schnell montiert, die Clips für die Sicherung
der Verbindungsstange der Duplexbremse muss ich etwas
abschleifen, da sie zu stramm sitzen. Mit der neuen Trommel ist
der selbst anfertigte Bremszug aber endgültig zu kurz, also kommt
vorläufig doch wieder der Zug von Norton Motors zum Einsatz.
Da ich aber noch was für eBay tun muss, komme ich nicht mehr zu
weiteren Arbeiten - Naja, kennen wir schon.

30.07.2005 - Als erstes kürze ich die Zughülle des selbst gebauten
Bremszuges um einen Zentimeter vorsichtig mit dem Minischleifer,
um den Bremszug nicht zu verletzen. Jetzt lässt sich der Zug
einhängen und passt auch, vorher muss allerdings der etwas zu
schmal geratene Spalt im Gewinde der Bremsankerplatte ein wenig
breiter gefeilt werden. Als nächste Tat montiere die gekauften Ersatz-
teile von Hein Gericke und starte den Motor: Er läuft auf beiden
Zylindern! HUUURRRAAA!!! Jetzt lüfte ich auch das Geheimnis um
die beiden Teile: Es waren zwei neue Zündkerzen... Meine Erklärung
für das Verhalten des Motors sieht so aus: Die Zündkerzen waren
keine 500 km alt, aber beim Testen und Einstellen der Zündung
haben die Kerzen durch die Fehlzündungen Schaden genommen
(ein Verhalten, dass ich schon bei dem Mopped eines Bekannten
mit Vergaserproblemen feststellen konnte, auch dieses Mopped
hatte NGK Zündkerzen),. Die getesteten Vergaser waren natürlich
noch nicht eingestellt, so dass es bei einem Satz funktionierte, bei
den beiden anderen eben nicht. Warum der Fehler sich teilweise
aber auf die andere Zylinderseite verlagert hat, bleibt mir ein Rätsel.
Aber ohne den bei eBay ersteigerten Bosch Motortester hätte
ich den Fehler so schnell nicht gefunden, dieser zeigte auf der
linken Seite aber eindeutig, dass kein Zündfunke vorhanden war.
Ich hätte die Kerzen auch sicher mal ausgetauscht, wenn ich
welche da gehabt hätte. Ich hab's aber immer wieder verschoben
weil ich wusste dass die Kerzen a:) noch nicht alt und b:) sie ja
(außerhalb) des Brennraums einen schönen Zündfunken zeigten.
Jetzt kann aber endlich die erste richtige Probefahrt stattfinden,
nach der ich ein wackelndes Hinterrad, schon wieder Ölverlust am
Steuerdeckel und eine rutschende Kupplung feststellen muss.
Das Hinterrad wackelt, weil das Gegenstück der Steckachse nicht
ganz durchgebohrt worden ist und ich die Steckachse damit zwar
festziehen kann, diese aber das Hinterrad nicht festklemmt - Grrr...
Kürzen wir also das Gewinde um zwei Millimeter, dass passt's schon.
Der letzte Versuch, den Steuerdeckel dicht zu bekommen sieht so
aus, dass ich die Schraube, deren Gewinde im Motorblock stark
beschädigt ist, mit Loctite Dichtmasse und einer Kupferscheibe
montiere. Schau'n mer mal, ob's jetzt dicht ist. Die Kupplung rutscht,
weil sich das Getriebefett einen Weg entlang der Druckstange bis in
den Primärantrieb gesucht hat und zwischen den Reibscheiben für
schlechte Haftung sorgt - das blöde Zeug muss ich so schnell wie
möglich aus dem Getriebe entsorgen! Dann gönne ich dem Mopped
aber erstmal eine Wäsche und eine Politur der Alu, Edelstahl- und
Chromteile, mache ein paar Fotos und genieße den Anblick.

Alles blitzsauber... ...und schön an zu schauen!

 

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Letztes Update: 30.07.2005