Balkan-östliches Mitteleuropa 14.06. - 07.07.2017

Tag 7 (Piran-Banja Luka, ca. 470 km):

Man sollte sich mit der Sprache des Gastlandes etwas mehr auseinander-
setzen... Vielleicht wäre mir dann beim gestrigen Einkauf aufgefallen, das
meine Frühstücksmilch eben keine normale Milch, sondern Sauermilch ist.
Naja, sauer soll ja bekanntlich lustig machen. "Kislo mleko" habe ich für
einen Markennamen wie "Müller Milch" gehalten - Pech gehabt. Bald ist
die Grenze zu Kroatien erreicht, es wird immer heißer... Die Küstenstrasse
zeigt fantastische Ausblicke. Unweit der Plitvicer Seen kommt die Grenze
nach Bosnien/Herzegowina in Sicht, diese erste Hürde wird problemlos
gemeistert. Der Verkehr wird etwas ruppiger, ansonsten sieht man schon
einen Unterschied zu Kroatien oder Slowenien: alles wirkt etwas ungepflegter,
rauher. Ich muss eh' etwas besser aufpassen: in 2 Städten bin ich bereits von
Starenkästen geblitzt worden (hoffentlich nur von vorne...). Am Ziel ange-
kommen überrascht mich der (mutmaßliche) Ehemann der Besitzerin mit
gutem Deutsch, er hat während des Krieges in Deutschland gearbeitet, in
Bergisch-Gladbach! Bei einem Bier unterhalten wir uns über sein Land,
mein Land und über Motorräder. Nachdem ich eingecheckt und geduscht
habe, lädt er mich sogar noch zur Mitfahrt in die City ein, die zu Fuß gut 40
Minuten Fußmarsch bedeuten würde - Dankend nehme ich an. Banja Luka
hat touristisch betrachtet nicht allzuviel zu bieten, aber eine lebendige Altstadt.
An einem Souvenirstand sichte ich endlich T-Shirts, eines mit Wladimir
Putins Konterfei spricht mich an, dummerweise kann ich die kyrillische Schrift
nicht lesen und der Verkäufer kann kein Englisch. Ich sichte sogar einen Irish
Pub (!), wo man allerdings weder Englisch geschweige denn Gälisch spricht...
Ich bestelle mir einen guten, handgemachten Cheeseburger und ein Bier. Das
Fingerfood ist gut, aber arg labberig, so daß ich um eine 2. Serviette bitten
muß. Staunend beobachte ich, wie ein paar junge Frauen eine Wasserpfeife
genießen - ich wüßte noch nicht einmal, wie man das Ding bedient. Das
Internet hilft mir bei der Übersetzung des T-Shirt Textes auch nur bedingt
weiter, da ich die kyrillischen Zeichen nicht eintippen kann, ich bekomme nur
heraus, dass das erste Wort vermutlich "Böse" lautet, was meiner Meinung
nach schonmal zutreffen könnte... ;-) Der Rückweg zum Zimmer ist weit,
besonders, als mir das kleine Navi eine unbeleuchtete, baumbewachsene
Allee vorschlägt und ich diese verweigere - ich bin zwar nicht ängstlich, aber
da lauern sicherlich bosnische Bären, Wölfe, Vampire und wasweisich! Also
Umweg nehmen und nach nur 50 Minuten stehe ich endlich wieder vor dem
Hostel - das von Piran mitgebrachte aber nicht gekühlte Radler schmeckt
danach ausgezeichnet.
Kroatisches Küstenpanorama

Zum Anschauen und
er-fahren
Banja Luka - ... ...imposante Kirche
Auf der Shoppingmeile ist Hochbetrieb Es könnte warm werden...
Man raucht Wasserpfeife Futuristisches Gebäude

Tag 8 (Banj Luka-Sarajewo, ca. 430 km):

Im kleinen Supermarkt an der Ecke bekomme ich einen halben Liter Milch
für's Frühstück, mehr brauche ich nicht. Hinter Banja Luka fahre ich durch
den Tijesno Canyon, der teils schöne Ausblicke parat hält, bald folgt der Ort
Pliva mit seinem See und Wasserkaskaden, welcher gut besucht ist. Dann
erwischt mich eine gut 10 km lange, manchmal wellblechartige Schotterpiste.
Als das Navi mich kurz danach erneut auf eine solche locken will, um durch
das Vlašić Gebirge zu fahren, streike ich und umfahre den Abschnitt. Auch
gut so: dort oben lauern ein paar dicke schwarze Wolken... Eine Tanke und
ein Eis später regen sich meine Lebensgeister wieder. Es wird spät werden,
aber die Brücke von Mostar möchte ich mir gerne noch ansehen. Die sehe
ich auch, laufe drüber, schieße ein paar Bilder - bei etwa 41 Grad im Schatten.
Dumm nur daß da gerade kein Schatten ist. Außerdem knöpft man mir 10
Mark (etwa 5 Euro) zum Parken ab - das ist hier recht viel Geld, man
bekommt dafür auch schon ein komplettes Essen im Restaurant. Als ich mich
wieder in die Lederkluft gequält habe, heißt es nur noch raus aus diesem
Backofen. Im Gebirge ist es etwas bewölkt, ich suche mir erstmal ein schattiges
Plätzchen für eine Pause. Das Hostel in Sarajevo ist rasch gefunden, nach einer
Dusche, Klamottenwechsel und Wäsche waschen (in einer Tüte im Plastikmüll-
eimer...) unterhalte ich mich recht lange mit der jungen Frau an der Rezeption
über ihr Land, die Lebensumstände vor und nach dem Krieg, Kriege im
Allgemeinen, die USA und ihre Präsidenten, Smartphones, das Internet und
was uns sonst noch einfällt - ihr Englisch ist besser als meines. Mein von Banja
Luka mitgebrachtes Radler ist mittlerweile im Kühlschrank etwas abgekühlt und
zischt die Kehle herunter. Hunger? Aber Ja! Die von der Rezeptionistin
empfohlene Pizzeria kann ich beim besten Willen nicht finden, die Altstadt
ist packevoll mit Flanierern, Döner- und Eisbuden gibt es en Masse aber
alle Restaurants sind bis auf den letzten Platz besetzt, wat nu? Etwa Fast
Food? Aber sogar das McDonalds hat bereits zu, ich bin einfach zu spät
dran. Ein Straßencafé etwas Abseits hat immerhin noch ein Stück Kuchen für
mich und einen Irish Pub hatte ich auch gesichtet. Ein seltsamer Ort, dieses
Sarajevo: man sieht einerseits todschick gekleidete Frauen und andererseits
jede Menge verschleierte Frauen in traditionellen Gewändern - wie 2 Welten,
die hier aufeinanderprallen und zusammenleben. Alkohol gibt's auch nicht
überall in jedem Restaurant, da muß man sich die Speisekarten etwas genauer
ansehen.  Der Irish Pub hat noch offen, meine Nachfrage nach Erdnüssen
oder dergleichen wird mit dem leicht entschuldigenden Hinweis auf den
Ramadan abseitig beschieden. Dergleichen lag nicht in meiner Wahrnehmung
- da werde ich in Belgrad vermutlich noch mehr auf solche für mich
ungewohnte Regeln stossen. Das avisierte "Sarajevsko" Black Label schmeckt
mir sogar besser als ein Guiness, das ich nur als "Extra Cold" gut trinken kann.
Auf jeden Fall wird's spät, es ist 00:55, als ich diese Zeilen schreibe... Was
mir in diesem Hinterhof des Irish Pub auffällt: die Elektrik, mit denen die
Häuser und manche Leuchtreklame betrieben wird, ist schlichtweg abenteuerlich.

Tijesno Canyon Kleiner See (irgendwo...) Pliva - interessant
Tolles Bergpanorama

Die Brücke von Mostar Schöne Aussichten
von der Brücke
Ein Bauwerk mit
Symbolcharakter
Witzige Idee Sarajevo - serbisch-
orthodoxe Kathedrale
Baščaršija-Platz

Tag 9 (Sarajevo Stadtbesichtigung, zu Fuß)

Diesmal habe ich Frühstück mitgebucht. Ein Supermarkt um die Ecke
hat Getränke für Tag und Abend, dann geht's in die City. Der
Bazar ist ziemlich exotisch für meine Augen, dann trabe ich erstmal
ziellos umher, sehe mir den Veliki Park an und gehe dann gezielt ins
Nationalmuseum. Das versprüht einen etwas spröden Charme, der
botanische Garten mittendrin macht etwas mehr her. Die Stadt hat
einen seltsamen Charakter: es gibt alte, unrestaurierte, von Schüssen
zersiebte Häuserfronten, dann nagelneue Hochhäuser, Plattenbauten
und die orientalischen Minarette, dazwischen das pralle Leben, wenn-
gleich alles etwas langsamer zugeht, den Temperaturen angemessen.
Ich lasse mich noch ein wenig treiben, aber gegen 16:00 werden die
Temperatur und die schwüle Luft unerträglich, zumal dunkle Wolken
aufziehen, aber weder Regen noch Abkühlung bringen. Ich ziehe mich
ins Hostel zurück und haue mich auf's Ohr. Ab 19:00 verzieht sich die
knallige Sonne, man kann sich langsam wieder ins Freie wagen. Ich
sehe mich auf dem Basar etwas um und sauge die exotischen Eindrücke
in mich auf. Diesmal will ich nicht wieder bis in die Nacht mit dem
Abendbrot warten, zielstrebig suche ich mir was aus, das noch nicht
völlig überlaufen ist. Beim Essen beobachte ich zwei ultracoole Typen,
die lässig und sonnenbebrillt in Richtung Dom schlendern, kurz stehen-
bleiben, unisono das Smartphone zücken, ein Foto schiessen, das Smart-
phone wieder wegpacken und weitergehen - ein Bild zum Totlachen!
Schade, das ich die Videokamera nicht griffbereit habe! ;-) Im englischen
Pub mit dem Doppeldeckerbus genieße ich 2 Bier, vor dem Hostel
noch ein Radler, während ich dem Rezeptionisten leicht amüsiert zusehe,
wie er bei seinem alten Auto den Rückwärtsgang wegen Defekts beim
Rangieren nicht einlegen kann.

Der orientalische Markt Entlang der Miljacka Überreste einer alten
Karawanserei
England mitten in Sarajevo? Fast wie in einer
englischen Kleinstadt
Interessantes Kunstwerk
Für mich typisch: Plattenbau,
Altbau und Hochhaus
Festina lente Brücke
und die Akademie der
feinen Künste
Am Wochenmarkt geht
es lebhaft zu


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TIPP:
- In Touristenzentren kommt man mit Englisch halbwegs zurecht,
   Kenntnisse der Gebärdensprache (mit Händen und Füßen...)
   oder Einfallsreichtum schadet aber nicht...
- Die Brücke von Mostar ist sehenswert, aber auch stark touristisch frequentiert:
   Reichlich Restaurants, ein Straßenmarkt und sonstige "Attraktionen" buhlen
   um die Gunst der Besucher, Parkplätze sind zudem heiß begehrt und teuer.
- Sarajevo ist nicht uninteressant - man sollte aber zur Besichtigung einiger
   Lokationen Rücksicht nehmen, z. B. lange Hosen tragen, nicht auf alles mit
   der Kamera zielen etc.
- Motorradfahren in SRPSKA, Bosnien und Herzegowina macht Laune!
   Die Straßen sind größtenteils gut, kurvenreich und es gibt viel Natur zu sehen.
- Wenn die Einheimischen auf einmal langsamer fahren, sollte man sich anpassen,
   das hat meistens seinen Grund...

Letztes Update: 16.07.2017