Island 18.08. - 17.09.2012

Tag 9 (Akureyri-Blönduós, ca. 280 km):

Das Wetter sieht sehr gut aus, ich starte spät gegen 10:00. Vorher gab's
noch einen Schreck: ich dachte, der Gasthausbesitzer will mir statt 207
Euro satte 320 berechnen - zum Glück stellt sich das als Irrtum meinerseits
heraus. Die Fahrt an der Küste entlang bei strahlendem Sonnenschein
macht Spaß, trotz der frischen Temperaturen von etwa 9 Grad, nur ein paar
einsame Radfahrer sind noch unterwegs. Als ich, kurz nachdem ich die
beiden überholt habe, an einer wunderschönen Bucht halte um ein paar
Fotos zu schießen, holen sie wieder auf. Beim Vorbeifahren ruft mir der
Vordere zu: "Die Eifel grüßt Bonn!" Als ich sie später wieder einhole,
frage ich kurz nach, die beiden wollen ein Jahr unterwegs sein und sich
treiben lassen - Respekt! Ich passiere mehrere Tunnel, in denen doch
tatsächlich Polizeipräsens in Form von Radarfallen gezeigt wird. Meine
gewählte Route würde mich zu früh ans nächste Gasthaus nach Blönduós
führen, daher biege ich ab und fahre auf einer Schotterpiste weiter an der
Küste entlang, so kann ich die Zeit herrlich abbummeln - 90 km Schotterpiste
reiße ich doch glatt auf einer Backe ab! Allerdings kommen mir satte 5 Autos
entgegen und 2 überholen mich - wenn ich geahnt hätte, daß dort so ein
Riesenverkehr herrscht, hätte ich eine andere Route gewählt... Blönduós
entpuppt sich als kleines verschlafenes Städtchen. Tanken ist kein Problem,
das ansässige Restaurant ist mir aber zu teuer, das Fastfood an der Tanke
ist auch nicht mein Ding, essen wir also im Restaurant des Gasthauses. Ich
benötige einen alten Putzlappen, um den Staub der Schotterpiste von
meinem Gepäck abzuwischen, leider versteht die Gastgeberin meinen
korrekten englischen Ausdruck "Cloth" aber nicht - sie stammt aus Polen... :-)
Das hauseigene Restaurant offeriert auch nur Fastfood, daher werden's also
doch Burger zum Abendessen - dafür sind die günstig. Mit einem Pärchen
aus Schwaben unterhalte ich mich noch eine Weile, bevor's in die Falle geht.

Wunderschöne Aussichten... ...locken unterwegs
Ein Strand aus Sand und Vulkanasche Typische Schotterpiste

Tag 10 (Blönduós-Hólmavík, ca. 260 km):

Das Wetter sieht ganz gut aus, die Ringstrasse ist leider ermüdend, da in der
Gegend wenig "Highlights" (außer der nach wie vor umwerfenden Natur) zu
sehen sind. Eine Stichstrasse führt mich zum von der Natur kurios geformten
Felsen Hvítserkur an der Küste. Je näher ich mich meinem Ziel Hólmavík
nähere, umso mehr nimmt der Wind zu, er bläst mich fast vom Mopped.
Kurz vor dem Ziel entscheide ich, weil es noch viel zu früh ist, eine etwas
weiter entfernte Sehenswürdigkeit anzufahren und Hólmavík erstmal links
liegen zu lassen. Beim Abfahren von einem Parkplatz passiert's dann: Eine
heftige Windböe erfaßt mich und drückt mich nach links. Das kann ich zwar
abfangen, aber als ich dann nach rechts kippe, tappt mein Fuß ins Leere
und ich kippe um. Ein vorbeifahrender Autofahrer hat's zum Glück gesehen
und hilft mir, die BMW aus ihrem Fast- Kopfstand wieder aufzurichten.
Was für eine Schande: Soviele Kilometer Schotterpiste und nix passiert,
dann lege ich mich beim Abbiegen von einem Parkplatz hin... Naja, zum
Glück ist nicht viel passiert: ein paar neue Schrammen am Sturzbügel,
Hebelei und Spiegel weggeklappt und einige Kratzer auf meinem Selbst-
bewustsein. Die Piste bis zur Sehenswürdigkeit ist von übelster Sorte -
Wellblech, Schlaglöcher und reichlich Schotter. Zudem ist ein Straßenbau-
trupp gerade dabei, die Straße zu verbessern, was sie durch Bewässern
derselben  und Abladen einer Mischung aus dunkler Erde, Steinen und
anschließendem Planieren erreichen wollen - was zu diesem Zeitpunkt
der Bauphase ein Befahren mit dem Motorrad fast unmöglich macht.
Das Highlight selbst finde (oder erkenne) ich nicht (ist im Navi auch nicht
näher beschrieben), aber kurz vorher passiere ich ein Örtchen mit einer
verlassenen Fischfabrik, vor der ein fast völlig verrostetes Schiffswrack
ein schönes Fotomotiv abgibt. Gegen 18:30 komme ich im schönen
Gasthaus an, sogleich meldet sich der Hunger wieder, der im örtlichen
Cafe und Restaurant gestillt werden kann. Neben dem in Island obligaten
Seafood wird eine ausgezeichnete Pasta serviert, die den Namen "Small
Course" nun wirklich nicht verdient hat. Hier habe ich auch endlich
Gelegenheit, den isländischen "Brennivin" zu testen - er ist stark, aber
nicht so stark, das Touristen davon schreiend davonlaufen, wie die
Bedienung behauptet. Abends muß ich die Alarmanlage des Moppeds
wegen der heftigen Winde deaktivieren, sonst gibt's Fehlalarme...

Der Hvítserkur soll bei bestimmten
Lichtverhältnissen wie ein
Troll aussehen
Viel Treibholz, in früheren Zeiten
gerne für den Hausbau verwendet
Üble, aber schöne Schotterpiste "Good runner, slighty used,
easy restoration project"

Tag 11 (Hólmavík-Suðureyri, ca. 250 km):

Die ersten 50 km Richtung Suðureyri sind furchtbar - es geht auf 400 m hoch,
dazu regnet es teils kräftig und die Temperaturen sinken bis auf etwa 2 Grad...
Je tiefer ich komme, umso besser wird das Wetter. Es geht in Kurven um die
Fjorde herum, faszinierende Ausblicke bieten sich an. Auf einer Passage kommt
ein Monstertruck von hinten bedrohlich nah angefahren. Um ihm Platz zu machen,
biege ich auf einen Schotterparkplatz ab, schätze meine eigene Geschwindigkeit
und den Bremsweg auf Schotter aber falsch ein - Zack, liege ich schon wieder
auf der Nase... Fluchend gelingt es mir, das Mopped wieder aufzurichten, der
Sachschaden ist gering: nur der Spiegel rechts ist schon wieder eingeklappt.
Ich sollte Parkplätze in Island meiden... Am Ziel angekommen ist niemand da
- nur ein Zettel an der Tür des Gasthauses, man möge anrufen, wenn man
einchecken will. Der Besitzer meldet sich prompt, er kommt in 20 Minuten,
da er sich im 30 km entfernten Ísafjörður aufhält. Ich solle doch schon mal
reingehen und einen Kaffee trinken, alle Türen seien offen. Erfrischend un-
konventionell... :-) Das einzige Restaurant im Ort bietet nur Seafood an - leider
nicht mein Fall, aber die kleine Tankstelle mit Mini- Supermarkt bietet was
Eßbares an. Vor dem Fernseher im Gasthaus wird gefuttert bis 20:00 Uhr,
dann darf ich für ein oder zwei Biere doch noch ins Restaurant. Immerhin
sind dort nun gar fünf Gäste, während ich die Riesen- Unterkunft ganz für
mich alleine habe.

Unzählige Fjorde wie dieser faszinieren Man gönnt sich ein Ruhestündchen

Panorama von Súðavík und Umgebung
Überall tolle Ausblicke in die Fjorde Kunstwerk aus alten Schiffsteilen
Tag 12 (Suðureyri-Patreksfjörður, ca. 290 km):

Die Piste von Suðureyri Richtung Patreksfjörður ist fantastisch, Ausblicke
locken überall, es geht bis auf knapp 500 m hoch. Nach 40 km lockt der
Wasserfall Dynjandi, der erst durch eine Kletterei von ca. 100 Höhenmetern
erzwungen werden will, aber es lohnt sich: Der Wasserfall stürzt über mehrere
Kaskaden in die Tiefe, nicht so urgewaltig wie Dettifoss und Selfoss, dafür
sehr malerisch. Weiter geht's, das Wetter wechselt zwischen warm-sonnig
und kühl mit heftigen, aber sehr kurzen Schauern. Der Vogelfelsen Latrabjerg
muß über eine mörderische, gut 35 km lange Buckelpiste angefahren werden.
Leider zeigt sich kein einziger Papageitaucher, nur Seeschwalben und Möwen,
darum schenke ich mir die Anfahrt zum zweiten Vogelfelsen, der ebenfalls auf
dem Plan war. Das Gästehaus in Patreksfjörður ist schnell gefunden, eine
Dusche später sitze ich im nur wenige Meter entfernten kleinen Lokal. Mit
einem "Fotografie- Kollegen" wird der blutrote Sonnenuntergang fotografisch
erkämpft - wir müssen uns einen steilen Abhang bis zum Ufer des Fjords
herunterhangeln, damit die Straßenlaternen an der Uferstrasse das Bild nicht stören...

Traunhaft schöne Piste
mit Ausblick
Dynjandi Wasserfall
Natürliche Farb- und
 Wasserspiele
Ausblick von oben

...und noch eine Panoramaaufnahme einer Bucht
Latrabjerg - leider fast
völlig verlassen zu dieser
Jahreszeit
Immer wieder locken
Sandstrände
Das älteste Stahlschiff
Islands liegt auf dem
Trockenen
Patreksfjörður am Abend... ...und in der Nacht
 

▲ Zurück zum Seitenanfang

◄ vorherige Seite

nächste Seite ►

horizontal rule

TIPP:
- Ob in einem Auto Touristen oder Einheimische sitzen, ist leicht erkennbar:
   Ist's ein Kleinwagen, kleiner Geländewagen oder ein Expeditionsfahrzeug,
   sitzen Touristen drin. Ist's ein Pickup oder ein SUV mit monströs großen
   Rädern und sauber gewaschen, sind es Einheimische...
- 250 - 350 km pro Tag sind auch auf der Ringstraße genug, wenn man Zeit
   genug haben will, auch mal etwas abseits der Piste eine Pause ein zu legen
   oder sich etwas genauer umzusehen.
- Ein Restaurantbesuch kann heftig zu Buche schlagen: Ein Abendessen in
   einem normalen gutbürgerlichen Restaurant mit 2-3 Getränken kostet mal
   eben 30 - 35 Euro. Selbstversorger mit Supermarktkost kommen dagegen
   meist preiswerter als hierzulande davon.
- Papageitaucher sind Ende August/Anfang September schon Richtung Süden
   unterwegs, wer den für Island so typischen Vogel aus der Nähe sehen will,
   muß entweder ins Museum oder ein paar Wochen früher anreisen.

Letztes Update: 29.09.2012