Tag 5 (Oslo-Molde, ca. 530 km):
Es regnet - Was für eine Überraschung! Der überrascht MICH
allerdings des Öfteren - zum Glück nie so viel, das ich die
Regensachen anziehen muß. Es wird gebirgiger und deutlich kühler,
je weiter ich nach Norden komme. Die weiten und schnellen Kurven
entschädigen für so manche der insgesamt 533 km. An einer kleinen
Einfahrt, die seit mindestens 20 Jahren keiner mehr benutzt hat,
halte ich für ein paar Fotos und eine Zigarette an - nur, um nach 2
Minuten angehupt zu werden, da ein Trans- porter dort rein will...
Kurz darauf höre ich vernehmlich auf Deutsch den Ruf: "Einen
Kaffee?" Da hat sich ein älterer Herr eine Ferienwohnung gemietet,
die von der Hauptstraße aus nicht zu sehen ist. Er ist mit seiner
Guzzi Mille GT (!) und seiner Frau im Auto unterwegs, ich unterhalte
mich eine halbe Stunde nett mit ihm, damit ist aber auch meine
Zeitreserve perdu... Trotzdem lasse ich mir den Trollstigen nicht
entgehen, nach Oslo zweifellos das 2. Highlight der Tour. Oben am
Gipfel ist wg. dicken Nebels und Regen nichts zu sehen, auf der An-
und Abfahrt dafür umso mehr: kleine Gletscherseen, Wasserfälle, ein
beeindruckendes Gebirge und natürlich die Spitzkehren des
Trollstigens selbst. Ich hatte meine Ankunft in der privaten
Unterkunft für etwa 19:00 avisiert, das klappt jedoch nicht, da der
einzige Zufahrtstunnel nach Molde gesperrt ist. Ich rufe den
Besitzer an, weil der Umweg um den Fjord fast eine Stunde Zeit
fressen wird. Meine BMW muß dafür büßen: mit WARP 3 rase ich dem
Tagesziel entgegen. Die Unter- kunft ist nicht leicht zu finden, im
Kundenbereich des Buchungsportals war zudem zu lesen, dass der
Eingang über eine Seitentreppe erfolgt - ich bin also vorgewarnt!
Unvorbereitet erwischt mich allerdings, das niemand da und die Tür
nicht verschlossen ist. Ich klopfe an, dann öffne ich und frage in den
Raum hinein, ob jemand da ist - keine Antwort... Watt nu? Die Dame aus
dem Erdgeschoss bietet ihre Hilfe und ruft den Besitzer an - ich solle
einfach reingehen, er käme in 10 Minuten. Na schön, rödeln wir das
Gepäck ab und tragen's rauf. Als aber auch nach einer Stunde noch
niemand da ist, wird mir die Warterei zu dumm und räume das
(hoffentlich richtige) Zimmer ein. Immer noch keiner da - wenn ich
noch was zum Beissen haben will, wird's Zeit. Auf dem Tisch liegt
ein Schlüssel, der auf die Außentür passt, den nehme ich an mich
und dackele zu Fuß Richtung City. Äußerst skurril und ungewöhnlich,
das Ganze! Ein Hotel mit eigenem Restaurant bietet noch warme
Mahlzeiten an, daher nehme ich's, wie's kommt. Das einzige Gericht
auf der Karte ohne Fisch ist eindeutig mit meinem Namen versehen,
es ist vorzüglich und teuer (38 Euro). Ein paar Biere werden mir
sicher helfen, den Tag zu verdauen. Nach dem Abendessen sehe ich
durch's Fenster zum Hafen hin einen tollen Effekt: die sehr tief
stehende, aber nicht sichtbare Sonne spiegelt sich in den Wolken
dergestalt, dass die Gegend aussieht, als stünde alles in Flammen,
als würde flüssige Lava die Berghänge herunter laufen - ein
unglaublicher Anblick! Zum Abschluss zahle ich unglaubliche 68,55
Euro für das Abend- essen und 3 Glas Bier. Als ich wieder zurück
bin, ist der Besitzer der Wohnung endlich da, ich unterhalte mich
noch ein wenig mit ihm und bekomme sogar noch einen kleinen Whiskey
spendiert - Nett!
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Lillehammer - die
Sprungschanze |
Beeindruckende
Aussicht |
Am Trollstigen |
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Naß, aber sehenswert |
Der Winter ist hier
oben noch nicht besiegt |
Kurz vor dem Ziel
Molde |
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Fantastische
Naturerscheinung... |
...am Fjord! |
Tag 6 (Molde-Trondheim, ca. 350 km):
Ebenso unkonventionell wie zu Beginn meines Aufenthaltes geht es
weiter: als ich das Gepäck aufrödele, fährt mein
Gastgeber mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ich solle doch die Tür
offen und den Schlüssel auf dem Tisch liegen lassen - Na denn...
Heute habe ich etwas Zeit zum Genießen, außerdem sehe ich zu, die
Kosten ein wenig einzudämmen, daher hole ich mir in einem Supermarkt
ein trockenes Brötchen und einen Kakao zum Frühstück. Das Wetter
hat sich noch nicht entschieden: Starke Bewölkung, sonnige
Abschnitte und 13 Grad. Die Piste entlang des Atlantic Scenery
Drive ist genial: Brücken wie von Salvadore Dali entworfen, eine
umwerfende Küsten- Kulisse und dazu sonniges Wetter. Daher wird
die Helmkamera angeworfen und anschließend noch mal umgedreht, um
zusätzlich Fotos zu schießen. Die Fähre von Somervag steht auch
pünktlich bereit, die weitere Strecke bis kurz vor Trondheim
macht richtig Spaß mit ihren weiten Kurven und immer wieder
begeisternden Ausblicken. Das Hotel in Trondheim ist schnell
gefunden, mein Zimmer (bzw. alle Zimmer) ist recht spartanisch -
kein Wunder: Im Winter ist das Hotel ein Studentenwohnheim. Das
Städtchen ist nett, eine malerische Altstadt am Fluß, ein Dom,
eine Fußgängerzone und Einkaufsmeile, dazu ist wohl gerade eine
Art Stadtfest im Gange: Händler bieten lokale und exotische
Spezialitäten an, Lederwaren, Naschzeugs, Haushaltsartikel und noch
viel mehr. Ein Stand hat selbstgemachte Paella, nicht teuer und
sieht lecker aus - Prima, da hätten wir auch gleich das
Abendessen! Für den Nachttrunk finde ich auch was Passendes:
einen schottischen Pub... ;-) Bleibt trotzdem fest zu halten, daß
die Lebenshaltungskosten in Norwegen extrem hoch sind, Beispiel
gefällig: Ein Pint Braunes im Pub 11,40 Euro, ein Schokocroissant
im Supermarkt 1,78 Euro...
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Nice... |
Was für ein Ausblick! |
Auf dem "Atlantic
Scenery Drive"... |
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...lohnt sich der
Fotostopp auf jeden Fall |
Die nächste Fähre
öffnet ihr gefräßiges Maul |
Da ist schon länger
nicht mehr Rasen emäht worden |
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Die Altstadt von
Trondheim |
Rund um den Markt ist
Volksfest |
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Die Kathedrale macht
was her |
Wieder einen Pub
gefunden... |
Tag 7 (Trondheim-Kolvereid, ca. 300 km):
Der Tag fängt gut an, wird aber immer schlechter: in Trondheim ist's
trocken, die Bewölkung läßt allerdings nichts Gutes erahnen. Bald
regnet es, ich muß "Vollzeug" setzen... Ich fahre viel durch
Waldgebiet, es gibt außer ein paar Buchten zur Auflockerung nicht
viel zu sehen. Die letzte Fähre vor meinem Ziel kommt erst in 30
Minuten, Zeit für einen Becher heiße Schokolade und einen Muffin in
dem kleinen Markt am Fährhafen - mir ist kalt und sämtliche
Klamotten aufgeweicht. Das Tagesziel Kolvereid ist nur wenige
Kilometer vom Fährhafen entfernt. Die Besitzerin des Hotels bemerkt
nur trocken: "Oh my God, you are so wet...", gibt mir eine alte
Zeitung zum Ausstopfen meiner Stiefel und einen Fön zum Trocknen
der anderen Sachen. Normalerweise sehe ich mir abends die Städtchen
noch an, aber nicht unter diesen Wetter- bedingungen. Abendessen,
1-2 Bier und dann ab in die Falle - morgen wird ein langer Tag.
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Einer der wenigen
trockenen Momente wird spontan zum Fotoshooting genutzt |
Ein kleiner
Wasserfall |
Tag 8 (Kolvereid-Glomfjord, ca. 420 km):
Um halb 7 bin ich auf, packen, Frühstück und die Regensachen an.
Nach einer Stunde erreiche ich die erste Fähre, aus deren Fahrplan
ich aber nicht schlau werde - es heißt warten... Es beruhigt mich,
daß ein ebenfalls wartender Norweger auch nichts Sinnvolles aus dem
Fahrplan der Fähre lesen kann. Sieht so aus, als wenn mir die Fähre
vor der Nase weggefahren ist, was be- deutet: 1 1/2 Stunden
Wartezeit - wenn das so weitergeht, klappt mein Zeitplan nie!
Schlecht abgestimmt, die Fährpläne: Obwohl ich recht flott gefahren
bin, habe ich die nächste Fähre nach Andalsvågen um 15 Minuten
verpasst, was bedeutet, wieder eine 3/4 Stunde warten. Die Fähre
nach Tjotta ist noch schlimmer: um 14:00 geht es erst weiter -
wieder 1 1/2 Stunden weg. Hilft nix, ich muß in meiner Unterkunft
anrufen, daß es sehr spät wird. Ich unterhalte mich noch mit einem
Schweizer, der seit 6 Wochen (!) mit dem Fahrrad unterwegs ist zum
Nordkap. Er war die letzten Tage krank und hat deshalb nicht viel
vom Regen mitbekommen. Die Fähre hält 3 mal an kleinen Inseln an,
um 1 Auto, einige Fußgänger und Fahrradfahrer auf und von Bord zu
lassen. Fähre Nr. 4: die fast 100 km bis dahin ziehen sich, ein
norwegischer Handwerker vor mir auf der Piste gibt kräftig Gas -
der weiß bestimmt was, das ich nicht weiß, also hinterher! Und
richtig, als einer der Letzten erwische ich (zusammen mit dem
Handwerker) die Fähre, die auch gleich ablegt. Endlich mal etwas
Glück! Fähre Nr. 5: 40 Minuten Wartezeit... Ich komme mit einem
Norweger ins Gespräch, der ausgezeichnet Deutsch spricht (mit
Hamburger Akzent!) - er war als Kind einige Jahre auf einer
deutschen Schule. Er lebt auf einer winzigen Insel mit seiner
Familie, ist 200 Tage im Jahr unterwegs und bewundert meine BMW.
Die Fähre braucht eine gute Stunde, dann folgt nach 20 km Fähre
Nummer 6. ich komme mit 2 Motorradfahrern aus Bayern ins Gespräch,
die mit 2 KTM Adventure ebenfalls auf dem Weg zum Nordkap sind. Sie
hatten ebenfalls 6 Fähren an diesem Tag, aber wohl mehr Glück mit
den Zeitplänen. Apropos Fähren: bei dieser letzten ist der einzige
Kartenleser defekt, daher ist die Überfahrt für alle frei! 34 km
später, um 21:45 bin ich endlich am Glomfjord und finde tatsächlich
noch einen offenen Supermarkt, dort hole ich mir etwas Knabberkram,
da in dieser kleinen Stadt vermutlich kein Restaurant mehr auf hat.
Bier haben sie auch, dürfen es aber nur bis 20:00 verkaufen (?).
Die Besitzerin des Hotels ist wirklich nett, das kleine Appartement
gefällt mir sehr. Rasch umziehen, der örtliche Pub hat gerade erst
aufgemacht.
Ein Bier und eine Packung Erdnüsse später geht's mir besser, ein
ereignisreicher Tag war das! Und er ist noch nicht zu Ende: mit einem der Betreiber
des Pub quassele
ich noch eine ganze Weile und so wird's fast halb 3, bis ich in die
Falle komme...
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Die Wolken hängen
tief |
Die Fähre hält an
jedem kleinen Inselchen an |
Die Ausblicke
entschädigen... |
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...für die lange
Wartezeit |
Eine weitere kunstvoll
geschwungene Brücke |
Die Landschaft wird
immer karger |
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Der Polarkreis ist
erreicht! |
Einsame Hütten am
Fjord |
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