Tag 17 (Oulu-Jyväskylä, ca. 340 km):
Endlich, endlich scheint's einen richtigen Sonnentag zu geben: der
Himmel ist stahlblau, nur ein paar kleine Schönwetter- Wölkchen,
die Wettervor- hersage sieht gut aus. Die Tanke um die Ecke liefert
einen Kakao und eine Art Teilchen - das Frühstück ist gerettet.
Angesichts des guten Wetters an der Küste und der nicht allzu
langen Strecke entschließe ich mich, einen kleinen Umweg entlang
der Küstenlinie zu fahren. Bis zum Städtchen Raahe fahre ich, dann
wird abgebogen. Es bewölkt sich im Landesinneren zwar mehr, der
Himmel bleibt aber blau, nur die Sonne hat kaum Kraft, es bleibt
kühl. Trotzdem schaffen es nur wenige Fotos in die Kamera, die
Landschaft ist einfach zu eintönig, lediglich ein paar Seen laden zum
kurzen Verweilen und Fotoshootings ein. Die Stadt Jyväskylä
enttäuscht mich ein wenig: kaum ältere Bausubstanz, eine relativ
moderne Architektur in der Einkaufszone, ein paar Parks and that's
it. Die natürliche Lage am See verstand man nicht zu nutzen, kein
schmuckes Hafenviertel. Zumindest die Frage der Bausubstanz klärt
sich nach einem Blick auf eine Infotafel: Jyväskylä ist um 1870
gegründet und damit schlicht nicht alt genug. Mir fällt seit dem
Grenzübertritt auf, daß bei jungen Finnen der "robuste" Look
offenbar schwer in ist: die Männer mit Glatze und Vollbart, die
Frauen mit teils schrill gefärbten Haaren, das Ganze im
Gothic-New-Wave- wasweißich-Look. Hunger? Aber sicher! Für ein
komplettes Menü reicht der Hunger nicht, daher probiere ich die
finnische Variante der bekannten amerikanischen Fast-Food- Kette
aus. Fazit: auch keine Offenbarung, geschmacklich kein
Unterschied. Dagegen freue ich mich auf den Besuch des englischen
Pubs, den ich bei meinem Stadtrundgang in einer mehr gemütlichen
Straße entdeckt habe, dort bekomme ich auch ein frisch gezapftes
Kilkenny. Das Hotel hat sogar ein Raucherzimmer, wie ich feststelle
- nicht schlecht. So muß ich nicht nach draußen, wo es zwar nicht
wirklich dunkel ist, aber deutlich düsterer als in den Städten
zuvor - man merkt, daß es Richtung Süden geht.
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Kirche in Raahe |
Ein See... |
...und noch einer... |
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...und ein weiterer |
Aufgang zum "Hausberg"
in Jyväskylä |
Interessante
Fassadengestaltung |
Tag 18 (Jyväskylä-Helsinki, ca. 280 km):
Sehr schön, ein weiterer der ultra-raren Sonnentage, die
Temperaturen sind angenehm. Zuvor muß ich mir in Jyväskylä noch
Zigaretten besorgen, mein Vorrat ist aufgebraucht. Erneut muß ich
Zeit abbummeln, was mir angesichts der Kurven, der Landschaft und
des Wetters nicht weiter schwerfällt. Ich kann ein paar schöne
Aufnahmen machen und lege einige Fotostopps ein. Trotzdem
modifiziere ich die Strecke, sonst bin ich zu früh in Helsinki.
Nach dem 2. Stopp habe ich einen PKW mit Anhänger hinter mir, den
ich kaum abschütteln kann, mit bis zu 120 braust er durch die
Kurven! Erst, als ich einen weiteren PKW mit Anhänger überholen
kann, entschwindet er aus meinem Rückspiegel. Richtung Helsinki
sieht das Wetter leider schlechter aus, alles Grau in Grau. Nach
dem Abladen am Hotel wird schnell geduscht und dann geht's in die
City. Ein weiter Weg... Für morgen muß ich mir entweder ein
Busticket oder die "Helsinki" Card holen, die auch den Zutritt zu
diversen Museen beinhaltet, auf jeden Fall brauche ich einen
Schlachtplan - Helsinki ist einfach zu groß, das schaffe ich
nicht alles. Mein erster Eindruck: eine bunte Mixtur aus modernen
Glaspalästen, alten Bürgerhäusern und Gebäuden mit eindeutig
osteuro- päischem Einfluß. Beim Telefonat mit einem der Freunde
daheim erspähe ich auch gleich meine Lokalität für den Abend: ein
italienisches Restaurant, keine der üblichen Pizzerien oder gar
Pizza-Burger-Kebab- Buden, sondern ein richtiges Ristorante. Die
Pasta des Tages ist ausgezeichnet und nicht zu teuer (überhaupt
sind in Finnland die Preise auf einem normalen Niveau), das zahle
ich gerne. Zu weit zum zurück laufen, ich leiste mir den Luxus
eines Taxis... Um die Ecke des Hotels findet sich auch noch ein
Pub für ein letztes Bier - ich bin der einzige Gast.
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Entlang der Fjorde... |
...gibt es viel zu
sehen |
Die zahlreichen
Plätze in Helsinki... |
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...beindrucken durch
die Vielfalt der Architektur |
Eine blonde Frau in
High-Heels auf einer schnellen Ducati... ;-) |
Tag 19 (Helsinki Stadtrundgang)
Ich hole mir ein Tagesticket für die öffentlichen Vetkehrsmittel,
damit geht es per Tram bis zum weißen Dom. Der Wochenmarkt am
Hafen bietet vieles an: Touristentand, frische Früchte und Obst,
Käse und Wurst in diversen Ausprägungen, Rentierfelle und -Mützen
sowie Lederwaren. Dort kann ich auch ein neues Schlüsselmäppchen
ergattern, meines ist vor einer Woche gerissen. In einer schönen
alten kleinen Kaufhalle am Hafen lockt ein Frühstück, das ich gerne
annehme. Auffällig: es sitzen viele Paare dort, jeder sieht
konzentriert nach unten - nein, nicht auf den Teller, sondern auf's
Smartphone. Nur ein einziger Gast liest Zeitung, der Rest daddelt.
Vermutlich unterhält man sich heutzutage nicht mehr, man schickt sich
E-Mails oder twittert... :-) Da das Wetter umzuschlagen droht,
entscheide ich mich für einen kurzen Sightseeing- Trip per Boot -
ganz nett. Dann suche ich das Viertel mit den Jugendstilhäusern
auf, eine beeindruckende Architektur. Noch viel eindrucksvoller ist
die nebenan stehende orthodoxe Kirche, sowohl von Außen als auch
von Innen sehr prunkvoll gestaltet. Als nächstes steht die
Felsenkirche auf dem Programm, in der gerade ein Pianist stilvoll die
Akustik des Raumes untermalt. Das Café der Kaurismäki Brüder sehe
ich mir nur im Vorbeigehen an, nix Besonderes. Jetzt brauche ich
langsam eine Pause: die Füße schmerzen, der Rücken protestiert und
der Magen knurrt... Ein Café mit einer wahrlich schmackhaften
Riesenauswahl an süßen Verführungen zieht mich magisch an. Was nun?
Für die Rückkehr zum Hotel oder das Abendbrot (darf auch gerne 'ne
Pizza sein) ist's noch zu früh. In meinem Touri- Guide wird noch
eine alte Festung erwähnt, die nach 1,6 km be- schwerlichen Fußmarsches
erreicht wird - jedenfalls der Punkt: Die Festung gibt's nicht
(mehr), nur noch der Ausblick ist da - es sei denn, mit der Festung
war der Ausblick auf das gegenüberliegende Inselchen gemeint, wo
tatsächlich noch alte Mauerreste zu sehen sind. Zu viel mehr habe ich
keine Lust, kein Wunder: laut Smartphone App habe ich bisher auch
16 km erwandert und 29 Stockwerke erklommen. Und es stehen noch ein
paar Kilometer an: angesichts des schwierig zu lesenden Fahrplans
erwische ich die falsche Tram, muß aussteigen und den Rest zu
Fuß zurücklegen, damit ist nicht nur der Akku meines kleinen Navis
fast am Ende, sondern auch meiner... Ersteren kann ich über die
Steckdose aufladen, den anderen über ein paar Bier aus der Bar in
der Nähe des Hotels. Für die morgige Abreise zur Fähre muß ich noch
etwas planen: ich möchte nicht wieder den prall gefüllten Packsack
über endlose, schmale Schiffsdecks und -treppen schleifen, daher
möchte ich das Gepäck so umorganisieren, daß alle benötigten Sachen
in den Tankrucksack passen. Nach 2 Bier in der Bar und ein paar
Runden Billard geht's mir wieder besser.
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Der weiße Dom... |
..ist eines der
Wahrzeichen... |
...von Helsinki... |
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...und auch der
Innenraum ist einen Besuch wert |
Der Markt "Kauppatori"
am Hafen bietet reichlich Vielfalt |
Blick über das Hafenbecken |
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Die älteste Kaufhalle
Helsinkis ist ein Kleinod |
2 Eisbrecher |
Die orthodoxe Kirche von der
Hafenrundfahrt aus |
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Die Häuser aus der
Jugend- stilzeit prägen das Viertel |
Imposante Anblicke... |
...bietet dieser
Stadtteil |
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Die
orthodoxe Kirche ist von Außen und... |
...Innen
eine Augenweide |
Die
Decke der Felsenkirche |
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Außergewöhnliches
Gebäude |
Leckerlis! |
Tag 20 (Helsinki-Fähre Travemünde)
Gegen 10:30 habe ich alles soweit fertig: Das Gepäck ist umsortiert,
ein Frühstück aus dem Supermarkt organisiert und das Mopped
beladen. Wohin nun? Noch mal in die City? Könnte Schwierigkeiten
mit dem Parken geben. Welche Städte sind denn in Reichweite? Turku
ist mir zu weit, das wird mir zu knapp, da ich gegen 14:30 am
Fährterminal sein will. Aber Porvoo ist nicht weit weg, über
Nebenstraßen gelange ich hin, sehe mich etwas um und fahre noch ein
paar Kilometer an der Küste entlang. Nach einem Stopp geht die
Ladekontrollleuchte der BMW nicht mehr an - das kann doch nicht
wahr sein! Ich fahre auf die Autobahn und lasse alles Licht aus,
sogar in einem Tunnel. An der Fähre wird alles zerlegt und
kontrolliert: Regler, Diodenplatte, Lichtmaschine, Kontrollleuchte
- nix zu finden... Nach einer Stunde Sucherei und Teile- ersatz
ersetze ich kurzerhand den Limarotor und - die Lampe geht wieder,
die Batterie lädt! Die vor mir wartenden Moppedfahrer sind zwar
schon auf der Fähre, aber das ist mir jetzt egal, Hauptsache, das
Mopped tut wieder, was es soll. Da ich das letzte Motorrad bin, das
die Fähre betritt, hat die Crew etwas Probleme, einen Platz für mich
zu finden. Abladen, Mopped verzurren und Kabine suchen - Aha, da
hat sich schon jemand breit gemacht, wer, werde ich vermutlich erst
heute Nacht sehen. Das Abendessen an Bord scheint etwas überteuert,
ein Stück Kuchen und ein Bier tun's auch... Um 17:15 legt die Fähre
ab, damit liegt Finnland hinter mir. Beim Basteln am Fähranleger
bin ich bereits naß geworden, auf See regnet's sogar noch
kräftiger, hoffentlich bleibt die See halbwegs ruhig... Die drei
anderen Kollegen mit den Moppeds laufen mir mehrfach über den Weg,
schließlich setzt man sich zusammen, redet Benzin und trinkt Bier -
viel Bier. Die gesellige Altherrenrunde war nur eine Woche
unterwegs, hat aber viel zu erzählen, von anderen Gästen werde ich
auch immer wieder auf meine Bastelaktion am Fährterminal
angesprochen, das dürften die meisten mitbekommen haben. Späääät
geht's in die Federn. Irgend- wann kommt sogar noch ein dritter
Passagier in die Kabine und klappt das Bett über meinem aus.
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Auf einer kleinen Halbinsel, vermutlich
Kurböle |
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Finnland
entschwindet im Regendunst |
Reichlich naß an
Bord |
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