Tag 4 (Paris-Saint Nazaire-Nantes, ca. 520 km):
Der Großraum Paris kostet Nerven, besonders, als das Navi
widersprüchliche Anweisungen gibt und ich prompt die falsche
Ausfahrt erwische. Kleiner Umweg, viel Zeitverlust. So langsam wird
der Sprit knapp, erst kurz vor der ersten Mautstation kommt eine
Tanke, da gibt‘s neben Benzin auch noch eine Brezel und einen Kakao
zum Frühstück. Der Himmel bedeckt sich, aber noch ist es trocken,
die Straße ist allerdings feucht - hoffentlich hält es sich. Seit 2
Tagen geht mir dieser dämliche Schlager „Oh, Champs-Élysées“ nicht
mehr aus dem Kopf... Ich zahle 2 x Maut, dann bin ich in St.
Nazaire und sehe mir dort das immer noch vorhandene „Hôtel de la
Plage“, den Strand und Jacques Tati aka Monsieur Hulot an, der
jeden Tag die tolle Aussicht geniesst. Ich bitte 2 Touristen, ein
Selfie mit mir und Monsieur Hulot zu machen, einen faden Bei-
geschmack bekommt der Besuch dadurch, das beim Ausparken die Guzzi
unter mir über den Seitenständer kippt - zum Glück ist nicht viel
passiert: Der linke Spiegel ist eingeklappt und das Lenkergewicht
hat Kratzer. Trotzdem ärgert es mich, der Parkplatz ist leicht
abschüssig und die Guzzi schwer beladen, das sollte nicht nochmal
passieren! Zwei Anwohner helfen mir, die schwere Maschine wieder
aufzurichten, dann tanke ich noch und steuere Nantes an. Meine
Unterkunft ist schnell gefunden, aber wie kommt man rein? Ein
großes Tor versperrt die Einfahrt, 2 mal muß ich die Guzzi in der
engen Einfahrt beiseite schieben, dann erscheint auf meine SMS der
Betreiber. Ich muß die Guzzi leider draußen parken, sie wird
abgeschlossen, der Alarm scharf gestellt und mit der mitge-
brachten Abdeckplane „getarnt“. Ich dusche und wechsle die Klamotten,
eine Waschmaschine wird flugs in Gang gebracht, dann suche ich
einen Supermarkt auf und hole mir für jetzt ein alkoholfreies Bier,
ein Weiteres für den Abend und einen halben Liter Kakao für den
Morgen. Auf in die Stadt! Die Kathedrale ist durchaus
eindrucksvoll, 2-3 andere Sehenswürdigkeiten gibt‘s auch noch, die
sehr trubelige Altstadt lädt zum Abendessen und Geniessen ein, ich
sichte auf einer überschaubaren Fläche gleich 3 (!) Irish Pubs -
das gab es selbst in Paris nicht... Das ausgezeichnete Entrecôte
schaffe ich nicht ganz, es ist fast schon obszön groß. Ich merke
der Bedienung gegenüber an, das es mir bisher nicht, auch nicht in
Paris, gelungen ist, eine Ratatouille zu bekommen - zu dumm, das
doch eine auf der Karte ist... zu spät! In einem Irish Pub gibt‘s zum
Ausgleich einen Oban Whiskey und ein Guiness.
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Traumhaft schöner
Strand. |
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Monsieur Hulot wacht über ihn. |
Auch das Hotel aus
dem Film gibt es noch. |
Nantes. |
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Verträumter Platz. |
Die Kathedrale. |
...und wieder habe
ich einen Irish Pub gefunden! |
Tag 5 (Nantes-Bordeaux, ca. 410 km):
Es dauert etwas länger heute, bis ich in die Gänge komme, ich habe
nicht sehr gut geschlafen. An einer Tanke sichte ich wieder
einmal ein Objekt der Begierde: eine Waschanlage mit
Selbstbedienung! Die Guzzi freut sich, die Insekten los zu werden
und ich freue mich auch - darauf ein Eis! Ohne mein Zutun hat das
Navi die Route geändert, ich muß Maut bezahlen, dafür bin ich
vermutlich deutlich früher in Bordeaux. Mein Zimmer in Bordeaux ist
winzig - ich muß mich entscheiden, ob ich oder mein Gepäck drin
nächtigen soll. Da ich mein Gepäck ungern draussen lassen will,
werde ich auf dem Parkplatz bei der Guzzi übernachten, der ist
auch größer als mein Zimmer. Apropos Größe: nun weiß ich auch,
woher der Begriff „Nasszelle“ für die Dusche stammt - einem
Sträfling würde man mehr Platz zugestehen. Und noch was: Selbst
ein Handtuch ist nicht im Preis mit drin, das würde 3 Euro extra
kosten und die zahle ich schon aus Prinzip nicht. Dafür sind
Präservative recht günstig: ein 4er Pack für 3 Euro... Wenn man
nach deren Benutzung duschen will und 1 oder mehrere Handtücher
braucht, wird’s doch wieder teuer. Mal sehen, wie ich in die
Stadt komme. Ein Bus fährt mir vor der Nase weg, den 2. erwische
ich, der fährt bis vor die City - allerdings abends nur noch bis
21:00, daher werde ich mir wohl ein Taxi gönnen müssen. Ich sehe
mir Bordeaux in Ruhe an, viele Ecken weisen den typisch
französischen „Charme“ auf: halb verfallen aussehende, schmutzige
Häuser in verwinkelten Gassen, was hier nicht negativ gemeint
sein soll. Mal schauen, was ich zum Abendbrot finde. Schade, auch
nach einer halben Stunde Sucherei auf einer echten
„Restaurantmeile“ gelingt es mir nicht, ein Restaurant zu finden,
das Ratatouille auf der Karte hat. Crêpe hatte ich bereits 2 x,
Fleisch auch, daher wechseln wir heute zu Italienisch. Die
Bedienung kann mir auch einen Irish Pub in der Nähe nennen -
ein Tipp, den ich gerne annehme! Ich unterhalte mich recht lange
mit einigen Einwohnern auf gebrochenem Englisch, bis um 01:00 kein
Taxi mehr aufzutreiben ist, ein Barbetreiber bestellt mir eins. Um
17,70 Euro ärmer öffne ich noch mein Dosenbier vor der
Unterkunft, mit einer Dame aus Nizza unterhalte ich mich eine
ganze Weile, erst um 02:15 komme ich in die Federn...
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Echt winzig... |
Die Altstadt von
Bordeaux... |
...hat durchaus ihren
Reiz. |
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Die Kathedrale. |
Stilvolles Geschäft. |
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Detail eines
Springbrunnens. |
Abends ist noch viel
Betrieb. |
Tag 6 (Bordeaux-Castro-Urdiales, ca. 420
km):
Heute steht Spanien auf der Agenda, mal sehen, wie ich dort klar
komme. Beim Aufladen unterhalte ich mich etwas mit einem spanischen
Pärchen das auf Moppeds Richtung Isle of Man fährt. Das Wetter
bezieht sich etwas, hoffentlich bleibt‘s trocken. Ich muß durch
Biarritz - das nervt: Viele Baustellen, Staus, Ampeln und
Kreisverkehre, ich bin froh, als ich endlich durch bin. Ab Spanien
kann ich immer mal einen Blick auf das Meer erhaschen. Erst gegen
18:30 bin ich am Ziel in Castro Urdiales, die Unterkunft ist nicht
zu sehen. Ein Einheimischer zeigt mir die Richtung - mein Wegpunkt
liegt gut 150 m daneben, trotz sorgfältiger Suche. Die
Hausbesitzerin spricht kein Wort Englisch, ihr Sohn kann aushelfen.
Ich darf mein Motorrad in der Tiefgarage parken und das ist auch
gut so: 10 Minuten nach dem Einchecken gibt es ein heftiges
Gewitter... Nach der fälligen Dusche (ich selbst, nicht da
draussen) sehe ich mich in der Stadt etwas um, der Hafenbereich ist
ganz nett. Abendessen? Aber gerne! Die meisten Restaurants sind
eher Stehbars und eine Tapasbar finde ich nicht, aber ein Mexikaner
hat Tacos, das probieren wir aus. Gut und nicht teuer, ich zahle
etwa die Hälfte von dem, was ich in Frankreich bezahlt habe - nur
die spanisch-mexikanische Musik nervt... :-) Ein letztes Bier
gibt‘s in einer kleinen Bar, dann gehe ich diesmal recht früh zurück,
die Matratze ruft mich!
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Endlich mal etwas
anderes
als Autobahn. |
Castro Urdiales hat... |
...nicht allzuviel Sehenswertes... |
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...zu bieten, ist aber
ganz nett. |
Ein ansehnlicher
Hafen. |
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Gewürze machen auch optisch was her. |
Zeit für's Bett... |
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