Tag 9:
Ich bin früh auf, das lohnt sich aber: Der Sonnenaufgang über Loch
Lomond ist unglaublich schön, ich klettere in Sandalen eine Wiese
hinauf, um ein paar Fotos zu schießen, dabei hole ich mir zwar
nasse Füße und schmutzige Sandalen, aber das ist mir die Sache wert.
Spontan entscheide ich mich, auf die Isle of Mull
[TOURENTIPP] zu fahren. Die
Anfahrt ist wunderschön, die Fährverbindung aber etwas
"merkwürdig": Da die Fähre voll ausgebucht ist, muss ich mir ein Ticket kaufen, dass aber lediglich die Chance auf ein Übersetzen
beinhaltet... Da nur 2 Motorräder auf die Fähre wollen, habe ich
Glück - ein paar Autos nicht. Schnell habe ich Tobermory erreicht,
ein sehr fotogenes Städtchen mit einer gleichnamigen Destillerie. Der
andere Moppedfahrer auf der Fähre hatte mir den Hinweis gegeben,
das die Strassen ab Tobermory so schmal und unübersichtlich sind,
das man kaum schneller als 30-40 fahren kann, das erweist sich als
richtig, aber auch als notwendig, da ich viiiele Fotos zu machen habe
angesichts der unglaublichen Ausblicke, die sich mir bieten, z. B. der
Strand von Calgary mit seinem weißen Sand (Komisch, ich dachte
immer, Calgary liegt in Kanada...). Ich komme darum kaum voran und
so muss ich, trotz Verlängerung meines Aufenthaltes (Umbuchung der
Rückfahrt von 17:00 auf 19:00) den letzten Zipfel der Insel auslassen,
mein Blick auf die Insel Iona fällt weg - nicht allzu tragisch,
meine Gedanken können das Gesehene sowieso kaum verarbeiten. Auf
der Rückfahrt zum B&B, das ich um 21:30 erreiche, ist es recht kühl,
davon merke ich in Gedanken an diesen einmaligen Tag allerdings
kaum etwas.
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Sonnenaufgang über Loch Lomond |
Tobermory - die "Hauptstadt" von Mull |
Ein weißer Sandstrand... |
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Interessante Definition des Begriffs
"Bootshaus" :-) |
Traumhafte Ausblicke zieren... |
...die Ostküste Mulls |
Tag 10:
Ich verlasse Loch Lomond recht früh, da mit rund 400 km eine lange
Tagesetappe vor mir liegt. Die Fahrt durch die Grampian Mountains
steht an. Obwohl spektakulär, kann ich's irgendwie nicht recht
genießen, da mir die Superlativen der Isle of Mull nicht aus dem Kopf
gehen - irgendwie ein wenig schade drum. Die einsam gelegene
Bahn- station Rannoch hat etwas, sie ist sozusagen unbemannt und
für Wanderer und Radfahrer interessant, die einen Ausgangspunkt
für ihre Touren suchen, rund herum ist praktisch nichts, keine
Stadt, kein Dorf, die Station liegt buchstäblich im Nirgendwo. In
der Mitte der Grampian Mountains schlägt das Wetter komplett um:
Zwischen Niesel-, Starkregen und heftigem Nebel kann es sich nicht
entscheiden, ich bin froh, als ich endlich Dufftown, mein Tagesziel
erblicke. Das Gasthaus hat ein nettes Ambiente, mein Mopped darf
ich zudem im Hinterhof parken. Dufftown ist recht klein,
lediglich ein Pub, ein recht teures Restaurant und eine Art
Pub/Restaurant haben geöffnet. Morgen werde ich mir den örtlichen
Whiskyshop und vermutlich die Glendfiddich Destillerie näher
ansehen. Im Pub/Restaurant treffe ich 3 Reisende aus Hamburg, mit
denen ich mich nett unterhalte und ein paar erste Whiskyproben
machen kann...
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Ausblick vom "Queen's
View" |
Irgendwo in den
Grampian Mountains |
Tag 11:
Der Tipp des Gasthausbesitzers, erstmal der Fassproduktion
zuzusehen, wird gerne angenommen. Also schwinge ich mich in
Regenkleidung aufs Mopped und sehe mir die Speyside Cooperage an
- die einzige Fassproduktion in Schottland mit einem
Besucherzentrum, wo man den Küfern direkt bei der Arbeit zusehen
kann. Ein guter Küfer schafft übrigens bis zu 20, 25 Fässer am
Tag, aber es ist ein echter Knochenjob. Schottischer Whisky wird
übrigens gerne in aus Amerika importierten, bereits zur Lagerung von
Brandy oder Cherry genutzten Fässern abgefüllt - erst dadurch
erhält der Whisky Farbe und Aroma. Da es noch ein wenig früh ist als der Rundgang beendet ist,
schaue ich im GPS nach anderen Sehenswürdigkeiten. 20 km entfernt
ist das Moray Motor Museum. Ein kleines Museum, aber durchaus mit
einigen interessanten Exponaten, aber zu wenigen Motorrädern für meinen Geschmack. Bei der Rückkehr sehe ich, das jemand den
schräg gegenüber meinem Gasthaus befindliche
Autoselbst- waschanlage (ein Münz- Dampfstrahler...) benutzt. Da ich sowieso noch die Regensachen anhabe, wird kurzerhand das Mopped
abgeduscht, dann mache ich mich fein für den Besuch bei Glenfiddich.
Zum wiederholten Male kämpfe ich mit der Tür meines Gasthauses, für die man eigentlich drei Hände braucht; eine zum Drehen des Schlüssels, eine zum Drehen des Türknaufs und eine weitere zum
heftigen Aufdrücken derselben... Die Hausdame verkauft im
Frühstücksraum zudem hausgemachte Whiskymarmelade (!). Etwas großspurig dagegen der Leispruch des Städtchens: "Rome was built on 7
hills, Dufftown stands on 7 Stills" (Rom wurde auf 7 Hügeln
erbaut, Dufftown steht auf 7 Brennblasen). Je nachdem, wie der
Wind steht, kann man tatsächlich den Geruch von Whisky in der ganzen
Stadt wahrnehmen - ein tiefer Atemzug und man ist besoffen... Der
Besuch der Glenfiddich Destillerie ist bemerkenswert informativ
und sehr professionell aufgezogen - Glenfiddich hat sehr früh die
Zeichen der Zeit erkannt und seinen Whisky in aller Welt angeboten,
was die Destillerie überaus erfolgreich machte und macht. In
Dufftowns Whisky Shop erstehe ich anschließend für 20 £ zwei
kleine Flaschen Whisky (mehr wird mein armes Mopped kaum schaffen)
für den Fotoabend mit Whiskytasting mit den Freunden daheim. Da
das Restaurant am Montag leider geschlossen hat, lande
ich wieder in dem kleinen Restaurant/Pub/Wassweissich.
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Die Küfer bei der Arbeit |
"Nun schieb doch endlich!" |
Brennblasen in der
Glenfiddich Destillerie |
Tag 12:
Das Gasthaus in Dufftown nimmt nur Bargeld - damit bin ich pleite...
Am Bankautomaten bekomme ich mit der Kreditkarte kein Geld, ich
muss bis 09:15 warten, dann öffnet sich der Schalter. der
Angestellte meint, ich solle statt der Kredit- die Bankkarte nehmen,
damit klappts dann auch - Puh... Die Örtchen Pennan und Crovie
werden angefahren, besonders letzteres ist wirklich kurios
gebaut, direkt am Meer, mit den Klippen im Rücken, kein Platz für
eine Uferpromenade. Das Wetter wird wieder schlechter, aber noch
bleibt es trocken. Kurz vor Inverness, in Elgin finde ich eine
kleine Moppedwerkstatt, die mir den neuen Reifen aufziehen kann.
Binnen einer Stunde ist die BMW ent- und wieder beladen und einem
frischen Pneu bestückt, es kann weitergehen. Die Falls of Shin
(mit Lachstreppe) sind sehenswert, dann suche ich mein Schloss,
das in meinem GPS als eines der wenigen Schlösser nicht vorhanden
ist. Es ist wirklich was Anderes, aber nicht jedermanns Sache: Voll
belegt, in einem 6 Bettenzimmer (in dem es nach Schweiß und alten
Socken riecht) mit Gemeinschaftsklo und -Dusche, Speisesaal und
viel Lärm. Das Schloss selbst ist ansonsten eingerichtet, wie man
sich ein Schloss vorstellt, mit langen Gängen, Skulpturen und alten
Gemälden an den Wänden. Als ich allerdings in einem Saal ein
knutschendes Pärchen störe, ziehe ich mich pietätvoll zurück...
Da ich nicht im Gemeinschaftssaal Essen möchte und außerdem keinen
allzu großen Hunger habe, wandere ich zum nächsten See, Verzeihung, Loch, genieße mein letztes Dosenbier und ein paar
Schokokekse - im Land der Schotten muss man halt sparsam sein...
Leider stolpere ich über meine eigene Dummheit: Der Rundweg zurück
zum Schloss ist leider keiner - ich verlaufe mich, es wird immer
dunkler. Zuletzt hole ich mein Navi heraus (das ich zum Glück
wegen Diebstahl- verhinderung in meinen Rucksack gepackt hatte) und
sehe nach, wo der Ort Culrain ist, durch den ich kurz vor dem
Schloss als Letztes gefahren bin. Nur 400m Luftlinie entfernt,
aber da führt kein Weg hin, nur eine Wiese. Na schön, gehen wir halt
über die Wiese... Aber nach einigen Metern wird mir klar, das
dies keine Wiese, sondern ein Sumpf ist! Beide Schuhe bleiben
stecken, ich ziehe sie heraus und gehe auf klatschnassen Socken
wieder auf den Schotterweg zurück. Im Licht meines GPS (dessen
Bildschirm ich auf volle Helligkeit gedreht habe) suche ich einen
der markierten Wanderwegweiser, finde schließlich einen und quer
durch den stockfinsteren Wald komme ich nach nur 2 Stunden (!) wieder am
Schloss an. Die junge Frau an der Rezeption lacht sich halbtot, als ich ihr die Geschichte erzähle - ich find's dagegen weniger
lustig. Die Hose läßt sich waschen, ebenso die Strümpfe, aber meine
Schuhe sind wohl hinüber...
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Crovie - eng an die
Felsen gebaut |
Ostküstenpanorama |
Carbisdale Castle |
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