Schottland 04.09. - 01.10.2009

Tag 9:
Ich bin früh auf, das lohnt sich aber: Der Sonnenaufgang über Loch Lomond ist
unglaublich schön, ich klettere in Sandalen eine Wiese hinauf, um ein paar Fotos
zu schießen, dabei hole ich mir zwar nasse Füße und schmutzige Sandalen, aber
das ist mir die Sache wert. Spontan entscheide ich mich, auf die Isle of Mull
[TOURENTIPP] zu fahren. Die Anfahrt ist wunderschön, die Fährverbindung
aber etwas "merkwürdig": Da die Fähre voll ausgebucht ist, muss ich mir ein
Ticket kaufen, dass aber lediglich die Chance auf ein Übersetzen beinhaltet...
Da nur 2 Motorräder auf die Fähre wollen, habe ich Glück - ein paar Autos
nicht. Schnell habe ich Tobermory erreicht, ein sehr fotogenes Städtchen mit
einer gleichnamigen Destillerie. Der andere Moppedfahrer auf der Fähre hatte
mir den Hinweis gegeben, das die Strassen ab Tobermory so schmal und
unübersichtlich sind, das man kaum schneller als 30-40 fahren kann, das erweist
sich als richtig, aber auch als notwendig, da ich viiiele Fotos zu machen habe
angesichts der unglaublichen Ausblicke, die sich mir bieten, z. B. der Strand von
Calgary mit seinem weißen Sand (Komisch, ich dachte immer, Calgary liegt in
Kanada...). Ich komme darum kaum voran und so muss ich, trotz Verlängerung
meines Aufenthaltes (Umbuchung der Rückfahrt von 17:00 auf 19:00) den letzten
Zipfel der Insel auslassen, mein Blick auf die Insel Iona fällt weg - nicht allzu
tragisch, meine Gedanken können das Gesehene sowieso kaum verarbeiten.
Auf der Rückfahrt zum B&B, das ich um 21:30 erreiche, ist es recht kühl, davon
merke ich in Gedanken an diesen einmaligen Tag allerdings kaum etwas.

Sonnenaufgang über
Loch Lomond
Tobermory - die
"Hauptstadt" von Mull
Ein weißer Sandstrand...
Interessante Definition des
Begriffs "Bootshaus" :-)
Traumhafte Ausblicke zieren... ...die Ostküste Mulls

Tag 10:
Ich verlasse Loch Lomond recht früh, da mit rund 400 km eine lange Tagesetappe
vor mir liegt. Die Fahrt durch die Grampian Mountains steht an. Obwohl spektakulär,
kann ich's irgendwie nicht recht genießen, da mir die Superlativen der Isle of Mull nicht
aus dem Kopf gehen - irgendwie ein wenig schade drum. Die einsam gelegene Bahn-
station Rannoch hat etwas, sie ist sozusagen unbemannt und für Wanderer und Radfahrer
interessant, die einen Ausgangspunkt für ihre Touren suchen, rund herum ist praktisch
nichts, keine Stadt, kein Dorf, die Station liegt buchstäblich im Nirgendwo. In der Mitte
der Grampian Mountains schlägt das Wetter komplett um: Zwischen Niesel-, Starkregen
und heftigem Nebel kann es sich nicht entscheiden, ich bin froh, als ich endlich Dufftown,
mein Tagesziel erblicke. Das Gasthaus hat ein nettes Ambiente, mein Mopped darf ich
zudem im Hinterhof parken. Dufftown ist recht klein, lediglich ein Pub, ein recht teures
Restaurant und eine Art Pub/Restaurant haben geöffnet. Morgen werde ich mir den
örtlichen Whiskyshop und vermutlich die Glendfiddich Destillerie näher ansehen.
Im Pub/Restaurant treffe ich 3 Reisende aus Hamburg, mit denen ich mich nett
unterhalte und ein paar erste Whiskyproben machen kann...

Ausblick vom "Queen's View" Irgendwo in den Grampian Mountains

Tag 11:
Der Tipp des Gasthausbesitzers, erstmal der Fassproduktion zuzusehen, wird gerne
angenommen. Also schwinge ich mich in Regenkleidung aufs Mopped und sehe mir die
Speyside Cooperage an - die einzige Fassproduktion in Schottland mit einem
Besucherzentrum, wo man den Küfern direkt bei der Arbeit zusehen kann. Ein guter
Küfer schafft übrigens bis zu 20, 25 Fässer am Tag, aber es ist ein echter Knochenjob.
Schottischer Whisky wird übrigens gerne in aus Amerika importierten, bereits zur
Lagerung von Brandy oder Cherry genutzten Fässern abgefüllt - erst dadurch erhält
der Whisky Farbe und Aroma. Da es noch ein wenig früh ist als der Rundgang beendet
ist, schaue ich im GPS nach anderen Sehenswürdigkeiten. 20 km entfernt ist das Moray
Motor Museum. Ein kleines Museum, aber durchaus mit einigen interessanten
Exponaten, aber zu wenigen Motorrädern für meinen Geschmack. Bei der Rückkehr
sehe ich, das jemand den schräg gegenüber meinem Gasthaus befindliche Autoselbst-
waschanlage (ein Münz- Dampfstrahler...) benutzt. Da ich sowieso noch die Regensachen
anhabe, wird kurzerhand das Mopped abgeduscht, dann mache ich mich fein für den
Besuch bei Glenfiddich. Zum wiederholten Male kämpfe ich mit der Tür meines
Gasthauses, für die man eigentlich drei Hände braucht; eine zum Drehen des Schlüssels,
eine zum Drehen des Türknaufs und eine weitere zum heftigen Aufdrücken derselben...
Die Hausdame verkauft im Frühstücksraum zudem hausgemachte Whiskymarmelade (!).
Etwas großspurig dagegen der Leispruch des Städtchens: "Rome was built on 7 hills,
Dufftown stands on 7 Stills" (Rom wurde auf 7 Hügeln erbaut, Dufftown steht auf 7
Brennblasen). Je nachdem, wie der Wind steht, kann man tatsächlich den Geruch von
Whisky in der ganzen Stadt wahrnehmen - ein tiefer Atemzug und man ist besoffen...
Der Besuch der Glenfiddich Destillerie ist bemerkenswert informativ und sehr
professionell aufgezogen - Glenfiddich hat sehr früh die Zeichen der Zeit erkannt und
seinen Whisky in aller Welt angeboten, was die Destillerie überaus erfolgreich machte
und macht. In Dufftowns Whisky Shop erstehe ich anschließend für 20 £ zwei kleine
Flaschen Whisky (mehr wird mein armes Mopped kaum schaffen) für den Fotoabend
mit Whiskytasting mit den Freunden daheim. Da das Restaurant am Montag leider
geschlossen hat, lande ich wieder in dem kleinen Restaurant/Pub/Wassweissich.

Die Küfer bei der Arbeit  "Nun schieb doch endlich!" Brennblasen in der
Glenfiddich Destillerie

Tag 12:
Das Gasthaus in Dufftown nimmt nur Bargeld - damit bin ich pleite... Am Bankautomaten
bekomme ich mit der Kreditkarte kein Geld, ich muss bis 09:15 warten, dann öffnet sich der
Schalter. der Angestellte meint, ich solle statt der Kredit- die Bankkarte nehmen, damit
klappts dann auch - Puh... Die Örtchen Pennan und Crovie werden angefahren, besonders
letzteres ist wirklich kurios gebaut, direkt am Meer, mit den Klippen im Rücken, kein Platz
für eine Uferpromenade. Das Wetter wird wieder schlechter, aber noch bleibt es trocken.
Kurz vor Inverness, in Elgin finde ich eine kleine Moppedwerkstatt, die mir den neuen
Reifen aufziehen kann. Binnen einer Stunde ist die BMW ent- und wieder beladen und
einem frischen Pneu bestückt, es kann weitergehen. Die Falls of Shin (mit Lachstreppe)
sind sehenswert, dann suche ich mein Schloss, das in meinem GPS als eines der wenigen
Schlösser nicht vorhanden ist. Es ist wirklich was Anderes, aber nicht jedermanns Sache:
Voll belegt, in einem 6 Bettenzimmer (in dem es nach Schweiß und alten Socken riecht)
mit Gemeinschaftsklo und -Dusche, Speisesaal und viel Lärm. Das Schloss selbst ist
ansonsten eingerichtet, wie man sich ein Schloss vorstellt, mit langen Gängen, Skulpturen
und alten Gemälden an den Wänden. Als ich allerdings in einem Saal ein knutschendes
Pärchen störe, ziehe ich mich pietätvoll zurück... Da ich nicht im Gemeinschaftssaal Essen
möchte und außerdem keinen allzu großen Hunger habe, wandere ich zum nächsten See,
Verzeihung, Loch, genieße mein letztes Dosenbier und ein paar Schokokekse - im Land
der Schotten muss man halt sparsam sein... Leider stolpere ich über meine eigene
Dummheit: Der Rundweg zurück zum Schloss ist leider keiner - ich verlaufe mich, es wird
immer dunkler. Zuletzt hole ich mein Navi heraus (das ich zum Glück wegen Diebstahl-
verhinderung in meinen Rucksack gepackt hatte) und sehe nach, wo der Ort Culrain ist,
durch den ich kurz vor dem Schloss als Letztes gefahren bin. Nur 400m Luftlinie
entfernt, aber da führt kein Weg hin, nur eine Wiese. Na schön, gehen wir halt über die
Wiese... Aber nach einigen Metern wird mir klar, das dies keine Wiese, sondern ein
Sumpf ist! Beide Schuhe bleiben stecken, ich ziehe sie heraus und gehe auf klatschnassen
Socken wieder auf den Schotterweg zurück. Im Licht meines GPS (dessen Bildschirm
ich auf volle Helligkeit gedreht habe) suche ich einen der markierten Wanderwegweiser,
finde schließlich einen und quer durch den stockfinsteren Wald komme ich nach nur 2
Stunden (!) wieder am Schloss an. Die junge Frau an der Rezeption lacht sich halbtot,
als ich ihr die Geschichte erzähle - ich find's dagegen weniger lustig. Die Hose läßt sich
waschen, ebenso die Strümpfe, aber meine Schuhe sind wohl hinüber...

 
Crovie - eng an die
Felsen gebaut
Ostküstenpanorama Carbisdale Castle

 

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TIPP:
- Die Isle of Mull ist ein einziger Traum - man sollte sich aber mindestens
  einen Tag Zeit zum Genießen nehmen.
- Ein ganz persönlicher Tipp: Man verlasse auf Wanderwegen niemals den
  markierten Weg...

Letztes Update: 10.10.2009