Schottland 20.08. - 07.09.2015

Tag 1 (Bonn-Rotterdam, ca. 320 km):

Nachdem ich die restlichen Taschen auf die Guzzi geschnallt habe, fahre
ich zu den Freunden, die nach 10 Minuten auch reisefertig sind. Fast
pünktlich kommen wir los, aber auf der A4 kurz hinter Köln verpasse
ich fast eine Ausfahrt, Ernst und Regine schaffen es nicht. 2 km nach der
Ausfahrt halte ich und warte, und warte, und warte... Nach einer halben
Stunde werde ich unruhig und spreche beiden auf die Mobilbox. Als ich
nach einer 3/4 Stunde noch nichts von den beiden gehört habe, male ich
mir wahre Horrorszenarien aus: die Freunde liegen nach einem Unfall
blutüberströmt auf der Autobahn, sonst hätte ich garantiert was von ihnen
gehört! Ich fahre zurück, sehe auf der Gegenspur einen Stau und bin fest
überzeugt, das die 2 dort in einer Blutlache liegen! Ich rufe die Polizei an
und frage, ob in diesem Autobahnabschnitt ein Unfall gemeldet ist, was
man mir aber nicht bestätigt. Während des Telefonats kommt ein weiterer
Anruf: die Freunde sind wohlauf und Richtung Hafen Rotterdam unter-
wegs... Ich muss die Guzzi ordentlich treten, viel rechts überholen (was ich
noch nie gemacht habe) und alle Geschwindigkeitsbeschränkungen ausser
acht lassen, einmal wird kurz getankt, dann geht's weiter. Kurz vor dem
Hafen Rotterdam sehe ich die Freunde tatsächlich auf der Bahn wieder,
die letzten Meter werden gemeinsam zurückgelegt. Wir sind spät dran,
können aber noch problemlos einchecken. Ich entschuldige mich zwar für
meinen Navigationsfehler, halte aber trotzdem eine kleine Standpauke,
weil die beiden sich erst so spät gemeldet haben! Wir nehmen unsere
Kabinen in Beschlag, futtern etwas, ein paar Biere, dann geht's in die Falle.

Auf geht's! Bisken eng, aber sonst... Sinkt das Schiff? Nein,
der Duschvorhang ist
nicht ganz dicht!
Das erste Bier des Abends wird geordert "Kunst" im Salon

Tag 2 (Kingston-upon-Hull-Thirsk-Yorkshire Dales, ca. 220 km):

Richtig gut habe ich nicht geschlafen, ab 04:00 wälze ich mich nur noch herum.
Um 06:00 kommt der Weckruf des Käptn's, da bin ich schon frisch gewaschen.
Um 07:30 können wir los, eine Verzögerung ergibt sich durch die recht aus-
giebige Pass- und Gesichtskontrolle am Hafen - die Engländer sind momentan
etwas vorsichtiger... Gegen 10:30 sind wir in Thirsk am Hotel und dürfen auch
schon unsere Zimmer in Beschlag nehmen. Kurz abladen, dann nehmen wir
wieder den Asphalt unter die Räder, wir erkunden die Yorkshire Dales. Auf
den wunderschön geschwungenen Strassen erwischt uns ein zünftiger Schauer,
dessen Ende wir in einem Café in Askrigg abwarten. Leider geht der Schauer
übergangslos in kräftigen Landregen über... Daher steuern wir nur noch kurz
die Aysgarth Falls an und dann umgehend unser Hotel. Meine den ganzen Tag
schon im Hintergrund lauernden Kopfschmerzen werden stärker (Schlaf-
mangel gemixt mit einem Vorabendbier zuviel), die werden am Ziel mit einer
Aspirin und einem Radler bekämpft. Nach Dusche und Klamottenwechsel
wird beratschlagt, wie der Abend zugebracht werden soll. Die Entscheidung
wird uns leicht gemacht, denn im hoteleigenen Gasthof steigt eine Geburtstags-
feier, daher bleibt die reguläre Küche zu - wir müssen in die 2 km entfernte
City dackeln. Dort finden wir rasch eine Art Pub/Restaurant mit Küche. Ernst
und Regine nehmen Fish&Chips, ich eine Pasta, die allerdings etwas "über-
sichtlich" ausfällt (frei nach Loriot)... Aus diesem Grund schiebe ich noch eine
Portion Knobibrot nach. Der Weg zurück ist weit, daher muss im Hotel noch
ein letztes Radler vernichtet werden.

Schöne alte Häuser... ...in den Yorkshire Dales Askrigg - immer einen
Abstecher wert!
Ein Scone mit Marmelade
und Creme - Lecker!
Die Aysgarth Falls
Der Eigenbau eines Bewohners
hat Strassenzulassung!
Fish&Chips - in England
praktisch überall präsent

Tag 3 (Thirsk-Edinburgh, ca. 350 km):

Gut geschlafen - endlich, war auch nötig. Nach dem cooked breakfast fahren
wir los, zuerst geht's durch den Yorkshire Moore National Park, über dessen
steile Pisten sich ein Reisebus mit gerade mal Schrittgeschwindigkeit hochquält.
Dann geht's für etwa 120km auf die Bahn. Als wir dann endlich an die Küste
gelangen, fällt mir sogleich eine Tanke ins Auge, die für das Auffüllen der Benzin-
reserven und eine Pause genutzt wird. Ich sichte dort auch noch einen Hoch-
druckreiniger und kann nicht widerstehen: die Guzzi wird gewaschen! Ob ich
damit das Schicksal herausgefordert habe? Es fängt an zu regnen... Dunstan-
burgh Castle können wir leider nur aus der Ferne bewundern, der Fussweg ist
uns zu weit. Der Strand ist aber auch sehenswert, der Sand hat eine Konsistenz
wie Puderzucker, die Bucht St. Aidans lockt für einen weiteren Stop. Bamburgh
Castle folgt kurz darauf, dann steuern wir Holy Island an, auf dem Damm will
ich die Helmkamera montieren und halte an. Weiterfahren geht nicht - die Guzzi
streikt... Nach 45 Minuten Suche stellt sich die Wegfahrsperre der Alarmanlage
als Übeltäter heraus: sie lässt den Strom für die Benzinpumpe nicht mehr durch.
Weitere 15 min später ist der Schaden behoben, wir steuern die Insel an. In das
Städtchen dürfen nur Einheimische und Hotelgäste, wir latschen zu Fuss hin. In
einem Biergarten wird eine kleine Erfrischung eingenommen, dann wird's Zeit.
Statt der geplanten Küstenroute nehmen wir die Autobahn unter die Räder,
das Ziel in Portobello nahe Edinburgh ist zwar schnell gefunden, unser Apparte-
ment dagegen eher weniger... Ein Telefonat mit dem Besitzer und wir bekommen
eine SMS mit Anweisungen. Wie in Oulu ist der Schlüssel in einem Mini- Safe
untergebracht, unser Appartement liegt im 3. Stock - ohne Fahrstuhl, da das
Haus von 1714 stammt, wie der Besitzer per SMS vermeldet hat. Schnell
umziehen, dann per Bus in die City, es regnet in Strömen. In der Altstadt
ist Hochbetrieb, bei einem Italiener finden wir den letzten freien Tisch.
Man kredenzt mir die grösste Pizza Calzone, die ich je gesehen habe. Im
Platzregen geht es zurück auf die Princes Street, wo die meisten Busse
vorbeikommen. Nach 15 Minuten Wartezeit stellen wir verblüfft fest, das
wir nun 3 Pfund statt 1,50 bezahlen müssen - Nachtbuszuschlag...

Dunstanburgh Castle -
zu weit weg...
Warnung vor
fliegenden Golfbällen!
Bamburgh Castle
 
Der Damm nach Holy Island
ist nicht ganz ohne...
Schöne Aussichten  
Schottland - Wir sind da! "It's raining Cats and Dogs"
in Edinburgh

Tag 4 (Edinburgh Stadtrundgang)

Mein Klappbett ist definitiv zu hart, ich habe schlecht geschlafen. Nach der
Morgentoilette marschieren wir los, das sonnige Wetter soll für eine Wan-
derung auf "Arthurs Seat" genutzt werden. Ein Frühstück unterwegs ist nicht
in Sicht, alles reine Wohngegend. Dann sichten wir zumindest das Logo
einer bekannten Fast-Food Kette, wo wir ein paar Happen bekommen.
Der Aufstieg ist beschwerlich, oben tummeln sich bestimmt 100 Touris,
die der steife Wind fast umbläst. Ein Pärchen schleppt tatsächlich eine
(kleine) Harfe und einen Kontrabass auf den Hügel, um oben Musik zu
machen - Verrückt! Zurück kommen wir am Holyrood Palace vorbei,
dann geht's in die City. Diese läuft vor Strassenmusikern, Künstlern,
Artisten, schrägen Vögeln und Unmengen von Touristen glatt über, das
pralle Leben macht sich breit - kein Wunder: es ist warm, sehr sonnig, es
ist Sonntag und das "Military Tattoo" Festival ist in vollem Gange, ebenso das
"Fringe" Festival. Eine Gruppe äusserst spärlich bekleideter Damen und
Herren demonstriert lautstark, sie fordern "Free the Nipples!" Meiner
bescheidenen Meinung nach scheint es sich dabei nicht unbedingt um ein
ernsthaftes Anliegen zu handeln... ;-) Kreuz und quer durch die City flanieren
wir, schiessen etliche Fotos, sehen auch einen mindestens mir bekannten
Strassenmusiker (Tom Ward, ein australischer Spitzenklassengitarrist),
genehmigen uns ein paar Pausen, kaufen T-Shirts und CD's und geniessen
das Gewimmel. Calton Hill ist ebenfalls von Touristen belagert. Regine
gelingt es erst mit Hilfe meiner Räuberleiter und Ernst' helfender Hand,
auf das Säulenmonument zu klettern. Wir ruhen uns auf der Wiese etwas
aus und schlendern dann gemütlich Richtung Altstadt, um Essen zu fassen.
Ein Pub mit Bar Food erlangt unsere Aufmerksamkeit. Es gibt sogar Live-
Musik, der Gitarrist und Sänger ist nicht übel. Die Anstrengungen des
Tages machen sich bei uns bemerkbar, wir treten gegen 23:00 die Heim-
reise an. "Unsere" Buslinie scheint erst wieder zum teuren Nachttarif in
56 min zu fahren, der Alternativbus bringt uns zumindest in die Nähe
unseres Ziels, macht aber einen grossen Umweg durch sämtliche Vorstädte.
Um 00:00 sind wir endlich wieder zurück, müssen aber noch einen guten
Kilometer zu Fuss marschieren - was soll's...

Der muss definitiv noch üben! Da oben wollen wir rauf... ...und schaffen es auch!
Viel los da oben Manchem wird's so warm,
dass er Abkühlung sucht
Bei dem Getöse des
Windes schwer zu hören

Die Strassenlaternen rund um Holy-
rod Palace tragen ein Krönchen...
Die Architektur Edinburghs
begeistert immer wieder
 

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TIPP:
- Unterkünfte in Edinburgh zur Zeit des jährlichen "Military Tattoo"
   sind schwer zu kriegen - rechtzeitig vorbuchen!
- England ist momentan aufgrund des schwachen Euro etwas teurer
   als noch im letzten Jahr.
- Der Aufstieg auf Arthurs Seat lohnt nur bei gutem Wetter, sonst kann man
   den fabelhaften Ausblick nicht geniessen.

Letztes Update: 15.09.2015